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Für Flüchtlingskinder gibt es keine Kita-Qualität

Damit geflüchtete Familien Integrationskurse besuchen können, gibt es eine begleitende Kinderbetreuung. Doch dafür gibt es weder Standards noch eine Aufsicht.

Integrationskurse gelten als zentrale Maßnahme des Bundes, um Zuwanderern und Flüchtlingen Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen. Neben einer Sprachförderung vermittelt ein Orientierungskurs Kenntnisse zu Rechtsordnung, Geschichte, Kultur und Werten in Deutschland.

Damit auch Familien mit Kleinkindern, vor allem die Mütter, an Integrationskursen teilnehmen können, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor gut zwei Jahren eine integrationskursbegleitende Kinderbetreuung eingeführt.

Doch die Qualität dieses Angebots hat das zuständige Bundesinnenministerium von Horst Seehofer (CSU) offenbar nicht im Blick. Das legt zumindest die Antwort des Ministeriums auf eine schriftliche Frage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz nahe.

Darin heißt es: „Das Bundesministerium des lnnern, für Bau und Heimat und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beabsichtigen, Mindeststandards für eine privat organisierte integrationskursbegleitende Kinderbetreuung zu definieren.“ Sprich: Bislang gibt es keine solchen Standards.

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„Offenbar hat das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer bislang lediglich den Anspruch, diese Kinder zu verwahren“, sagte Grünen-Haushaltspolitikerin Ekin Deligöz dem Handelsblatt. „Das Fehlen von Qualitätsstandards steht im krassen Gegensatz zur Bedeutung, die die frühe Förderung und Bildung für die Integration von Flüchtlingskindern hat.“

Die „Integrationskursverordnung“ sieht vor, dass das BAMF Betreuungsangebote im Rahmen der Integrationskurse fördert, sollte es für die betreuungsbedürftigen Kinder keine örtliches Betreuungsangebot in einer Kita oder Kindertagespflege geben.

Das Ersatzangebot wird vom Bundesinnenministerium und dem BAMF verantwortet. Das Bundesfamilienministerium von Franziska Giffey (SPD) finanziert es mit fünf Millionen Euro pro Jahr hälftig mit.

Das BAMF teilte auf Anfrage mit, dass seit Einführung der Maßnahme im März 2017 für rund 10.500 Kinder Bewilligungen zur Förderung der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung ausgesprochen wurden. Im Jahr 2017 erhielten demnach 2.100 Kinder dieses „subsidiäre“ Angebot, 2018 rund 5.700 Kinder und 2019 bislang 2.700 Kinder.

Laut „Richtlinien des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Abrechnung von Integrationskursen“ soll die Kinderbetreuung durch „qualifizierte Betreuungskräfte“ erfolgen, entweder in den Räumen der Betreuungskraft oder auch in den Räumen des Kursträgers. Das Jugendamt muss zur Eignung eine Art Freigabe erteilen. Jede nachgewiesene Betreuungsstunde wird mit sechs Euro pro Betreuungsplatz gefördert.

Die Grünen-Abgeordnete Deligöz wollte vom zuständigen Bundesinnenministerium nun konkret wissen, nach welchen Kriterien die Jugendämter eine Freigabe für Betreuungspersonal und Räume erteilen, ob sie sich also an bundes- oder landesgesetzliche Bestimmungen halten sollen.

„Nur ein Feigenblatt“

Hier verweist das Bundesinnenministerium lediglich auf die entsprechende BAMF-Richtlinie. Doch dort heißt es nur ganz allgemein: „Die Betreuungsräume müssen kindgerecht ausgestattet sein. Die Betreuungskraft muss für die Kinderbetreuung qualifiziert sein.“

„Die Erklärung des Jugendamtes ist also nur ein Feigenblatt“, kritisiert Grünen-Politikerin Deligöz. Es gebe schlicht keine verbindlichen Kriterien zur Bestimmung der Eignung einer integrationskursbegleitende Kinderbetreuung. „Zumindest formal geht es lediglich um Betreuung im Sinne von Verwahrung“, beklagt Deligöz. Fraglich sei ohnehin, ob eine hochwertige Betreuung bei einer solch geringen Vergütung überhaupt zu erwarten sei.

Die Grünen-Politikern sieht zugleich noch einen „Interessenkonflikt“ des Jugendamtes: Gibt es ohnehin wenig örtliche Kinderbetreuungsangebote, bestehe die Versuchung, das Ersatzangebot beim Integrationskursträger schnell für geeignet zu erklären und somit das eigene „Regelangebot“ zu entlasten.

Abschließend wollte die Grünen-Politikerin vom Bundesinnenministerium noch wissen, wer die Fachaufsicht über die integrationskursbegleitende Kinderbetreuung wahrnimmt.

Hierzu gibt das Ministerium an: „Da es sich bei der Durchführung der konkreten Maßnahmen der lntegrationskursträger um selbstorganisierte Angebote handelt“, hätten die Jugendämter keine Fachaufsicht.

„Das hieße im Umkehrschluss, dass die Fachaufsicht beim Bundesinnenministerium liegt, wenn es überhaupt eine Fachaufsicht gibt“, betont Deligöz. Ob eine Kinderbetreuung gut und sicher verlaufe, hänge mangels funktionierender Fachaufsicht also ausschließlich vom guten Willen der Integrationskursträger ab. „Das mag für eine kurze Übergangsphase noch akzeptabel sein“, meint Deligöz. „Für ein dauerhaftes Angebot ist das aber absolut nicht in Ordnung und gehört schnellstmöglich abgestellt.“

„Unrühmlich“ findet die Grünen-Abgeordnete auch die Rolle des Bundesfamilienministeriums: „Ministerin Giffey finanziert aus freiwilligen Stücken diese Kinderbetreuung mit, verzichtet dabei aber auf Qualitätsstandards.“ Es sei ausgerechnet vom selbsternannten „Ministerium für Kitaqualität“ mehr als fragwürdig, sich mit Billigangeboten zufrieden zu geben.

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