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Grundrente beschlossen: Wer sie bekommt, wie sie berechnet wird und was sie kostet

Am Donnerstag hat der Bundestag die Grundrente verabschiedet. Mehr als eine Million Rentenbezieher sollen ab 2021 einen Aufschlag bekommen. Was bedeutet das konkret?

Die Grundrente kommt 2021. Im Startjahr profitieren davon 1,3 Millionen Menschen – wer sie bekommt und in welcher Höhe. Foto: dpa
Die Grundrente kommt 2021. Im Startjahr profitieren davon 1,3 Millionen Menschen – wer sie bekommt und in welcher Höhe. Foto: dpa

Über wenige Projekte hat die Koalition so viel gestritten wie über die Grundrente. Nun hat der Bundestag den Aufschlag auf Minirenten mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von Union und SPD gegen die Stimmen der AfD und der FDP bei Enthaltung der Grünen und Linken beschlossen. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) nannte in der Bundestagsdebatte die Grundrente ein zentrales politisches Reformprojekt der Bundesregierung. Sie sei kein Almosen. Ein Überblick über die komplizierte Konstruktion der Grundrente und ihre Auswirkungen:

Was ist das Ziel der Grundrente?

Geholfen werden soll all jenen Menschen, die jahrelang zwar gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben – deren Verdienst aber nicht groß genug für eine auskömmliche Rente ist. Ihre Lebensleistung soll anerkannt, ihnen soll der Gang zum Sozialamt erspart werden. Grundsicherung im Alter bezogen zuletzt 556.640 Menschen. Viele beantragen die Leistung aber nicht. Je nach Wohnkosten kann die Grundsicherung etwa 800 bis 900 Euro betragen.

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Derzeit gibt es 8,98 Millionen Alters- und Erwerbsminderungsrenten unter 800 Euro, das heißt aber vielfach nicht, dass die Betroffenen arm wären. Viele haben einfach nur kurz in die Rentenkasse eingezahlt. 4,1 Millionen Vollzeitbeschäftigte kamen zuletzt nur auf niedrige Löhne.

Wer bekommt die Grundrente?

Im Startjahr 2021 1,3 Millionen Menschen, davon 70 Prozent Frauen. Nämlich Menschen mit Minirenten, die mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt werden – bei 35 Beitragsjahren soll er die volle Höhe erreichen. Grundrente bekommen zudem nur jene mit einem Einkommen unter bestimmten Grenzen.

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Wann kommt die Grundrente?

Nachdem die Grundrente am 2. Juli 2020 vom Bundestag verabschiedet worden ist, soll der gesetzliche Anspruch auf eine Grundrente ab dem 1. Januar 2021 gelten. Von der Fachbehörde wird allerdings bereits jetzt der hohe Verwaltungsaufwand bei der Prüfung der Neu- und Bestandsrentner beklagt. Aufgrund dessen rechnen die Behörden damit, die Grundrentenbescheide für Neurentner erst in etwa einem Jahr verschicken zu können – Bestandsrentner müssen vermutlich noch bis Ende 2022 auf ihren Bescheid warten.

Wie hoch sind die Einkommensgrenzen?

Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenigen, deren monatliches Einkommen als Rentner bei maximal 1250 Euro (Alleinstehende) und 1950 Euro (Eheleute oder Lebenspartner) liegt. Einkommen über dieser Grenze werden zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Bei 1300 Euro Einkommen eines Alleinstehenden würden also 50 Euro zu 60 Prozent angerechnet – die Grundrente fiele 30 Euro niedriger aus.

Liegt das Einkommen bei mehr als 1600 Euro beziehungsweise 2300 Euro, wird es zu vollen 100 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Hat ein Ehepaar also zum Beispiel 2400 Euro Einkommen, vermindert sich die Grundrente um 100 Euro.

Auch die Einkommensgrenzen für die steuerliche Förderung einer Betriebsrente werden angehoben. Die Einkommensgrenze steigt von monatlich 2.200 Euro auf ungefähr 2.600 Euro.

Was wird bei der Einkommensprüfung berücksichtigt?

Das zu versteuernde Einkommen etwa durch Mieteinkünfte, eine Pension oder durch Beträge betrieblicher oder privater Vorsorge wird geprüft. Dazu kommt der steuerfreie Teil von Renten und Kapitalerträgen, die nicht bereits im zu versteuernden Einkommen enthalten sind. Werbungskosten und Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung werden abgezogen. Angaben über das zu versteuernde Einkommen liegen in der Regel nur für das vorvergangene Jahr vor, Neurentner bekommen die Grundrente im ersten Jahr somit möglicherweise erst einmal nicht. Die Einkommensprüfung soll aber einmal jährlich wiederholt werden.

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Wie wird die Grundrente berechnet?

In einem komplizierten Verfahren. In die Berechnung fließen nur Zeiten ein mit Beiträgen, die 30 bis 80 Prozent des jährlichen Durchschnittseinkommens entsprechen. Im vergangenen Jahr betrug diese Spanne etwa 972 bis 2593 Euro brutto.

Wie funktioniert die Berechnung konkret?

Im Grundsatz werden die Entgeltpunkte aufgewertet, mit denen die Rente insgesamt errechnet wird. Ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen solchen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 Euro Rente und im Osten 31,89 Euro pro Monat. Für die Zeiten mit nur geringen Rentenanwartschaften, die die Grundrente auslösen, werden die Entgeltpunkte erhöht: nämlich für 35 Jahre auf das Doppelte des Durchschnittswerts der erworbenen Punkte – höchstens aber auf 0,8 Punkte. Dann wird der Wert wieder verringert, um 12,5 Prozent. Die so erreichte Verringerung des Zuschlags bewirkt, dass mehr Beitrag mehr Gesamtrente bringt.

Was kann das zum Beispiel bei einer Rente von rund 750 Euro bedeuten?

Das kommt auf den Fall an. Beispiel 1: Eine Sekretärin im Westen mit 38 Versicherungsjahren und zwei Kindern. Für die Grundrente werden nur 26 Jahre berücksichtigt, denn in den anderen Jahren kam sie nur auf Beiträge, die weniger als 30 Prozent des Durchschnittslohns betragen. In den 26 Jahren aber kam sie auf 70 Prozent. Die Rente beträgt 754 Euro – der Grundrentenzuschlag beträgt 75 Euro. Beispiel 2: Eine Verkäuferin in Dresden mit 39 Arbeitsjahren mit 60 Prozent des Durchschnittslohns ohne andere Einkünfte bekommt 746 Euro Rente – und 195 Euro Zuschlag.

Wie hoch sind die Kosten – und wie groß ist der Verwaltungsaufwand?

Im Startjahr 2021 soll die Grundrente die Steuerzahler 1,3 Milliarden Euro kosten. Bei 1,3 Millionen Empfängern bedeutet dies rechnerisch einen Durchschnittszuschlag von rund 83 Euro im Monat. Beantragen muss man die Grundrente nicht. Auch der Datenabgleich für die Einkommensprüfung wird automatisch klappen. Die Rentenversicherung bekommt trotzdem viel zu tun.

So sollen etwa 640 Beschäftigte ein Jahr lang brauchen, um zu prüfen, ob Menschen, die bereits Rente beziehen, auch den Aufschlag erhalten. 650 Beschäftigte sollen bei Bestandsrentnern ausländische Einkommen prüfen, die nicht automatisch abgeglichen werden können. Vorgesehen sind auch Abfragen beim Bundeszentralamt für Steuern und bei Kreditinstituten für die geforderten Angaben zu Kapitalerträgen.

Wie soll die Grundrente finanziert werden?

CDU und CSU hatten zunächst vorgeschlagen, eine neue Finanztransaktionssteuer einzuführen, die die Finanzierung der Grundrente sicherstellen sollte. Da der Vorschlag verworfen wurde, werden die benötigten 1,3 Milliarden Euro des ersten Jahres aus dem Staatshaushalt finanziert werden müssen.

Was ist im Gesetzespaket noch enthalten?

Eine Unterstützung für jene, die zu wenig für Grundrente verdient haben: Wer 33 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, aber besonders wenig verdient hat und Grundsicherung braucht, erhält einen Freibetrag in der Grundsicherung von zunächst maximal 216 Euro. Außerdem wird zum Schutz bei steigenden Mietkosten verhindert, dass die Grundrente voll beim Wohngeld angerechnet wird – auch dieser Freibetrag soll maximal 216 Euro betragen. Die Gesamtkosten für den Bund für das Gesetzespaket werden so auf 1,9 Milliarden Euro 2025 steigen.

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Warum ist die Grundrente so umstritten?

Vor allem von Arbeitgebern und Gewerkschaften gibt es viel Kritik. Angesichts des größten Niedriglohnsektors in Westeuropa sei eine Aufwertung niedriger Renten längst überfällig, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Denn niedrige Löhne seien Hauptursache von Altersarmut. Allerdings sei das Verfahren zur Berechnung der Grundrente höchst kompliziert. Viel weniger Menschen als noch im ursprünglichen Entwurf vorgesehen würden profitieren. Verantwortlich dafür machte Buntenbach die Position von CDU und CSU.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, der Grundrenten-Beschluss sorge für gravierende Ungerechtigkeiten und leiste keinen zielgenauen Beitrag gegen Altersarmut. „Was die Große Koalition nun beschließt, verwischt die Grenze zwischen beitragsfinanzierter Rente und bedürfnisorientierter Grundsicherung.“

Heftige Kritik übte auch der Wirtschaftsverband Die Jungen Unternehmer. „Unser Rentensystem ist eine tickende Zeitbombe, und die Grundrente verkürzt die Zeit bis zum großen Knall“, sagte die Bundesvorsitzende Sarna Röser. „Es ist unverantwortlich, dass immer mehr Lasten auf die Schultern der Beitrags- und Steuerzahler und vor allem auf die Schultern der jungen Generation abgeladen werden.“ Nötig seien vielmehr Maßnahmen, die zielgerichtet gegen Altersarmut helfen.

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