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Putin führt den Krypto-Rubel ein

Erst verflucht, nun gebucht: Die russische Führung will eine eigene Kryptowährung einführen, den Krypto-Rubel. Dieser weist allerdings gravierende Unterschiede zu Bitcoin und Co. auf.

Pawel ist ein überzeugter Bitcoin-Spekulant. „Immer, wenn ich ein bisschen über habe, kaufe ich Bitcoins. Damit habe ich einen hübschen Nebenverdienst“, sagt der 29-jährige Moskauer, der seinen Lebensunterhalt hauptsächlich mit dem Aufbau und der Pflege von Webseiten bestreitet. Als Kenner sieht er sich nicht, doch bislang laufe das Geschäft ganz gut, meint er zufrieden.

Die russische Führung hingegen stand dem Aufstieg der Kryptowährungen lange Zeit misstrauisch gegenüber. Die Anonymität und Dezentralität des Zahlungsverkehrs waren Moskau stets suspekt. Die Währungen wurden als Finanzierungsquelle für Extremisten und Terroristen kritisiert – teilweise übrigens zu Recht. Zudem ließen sich Kursentwicklungen kaum vorhersagen.

Als vergleichbar mit dem „Goldrausch“ in Kalifornien im 19. Jahrhundert bezeichnete Zentralbankchefin Elvira Nabiullina Anfang September den steilen Kursanstieg des Bitcoins. Sie beunruhige, dass das digitale Geld zunehmend im Zahlungsverkehr eingesetzt werde. „Wir werden die Nutzung der Kryptovaluta als Geldersatz nicht zulassen“, kündigte Nabiullina an. Ihr Stellvertreter Sergej Schwezow wollte unlängst sogar noch Internetseiten, über die solche digitalen Währungen gehandelt werden, blockieren lassen.

Nun hat die russische Regierung eine 180-Grad-Wende vollzogen: Urheber ist wohl Präsident Wladimir Putin selbst, der sich laut dem russischen Vizepremier Igor Schuwalow schon vor längerem mit dem „Digitalfieber“ angesteckt hat. Tatsächlich hatte sich Putin bereits im Juni beim Petersburger Wirtschaftsforum mit dem Erschaffer der global zweitgrößten Kryptowährung Ethereum, Witalik Buterin, getroffen.

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Bei einer Regierungssitzung zum Thema in der vergangenen Woche forderte der Kremlchef nun, die Hoheit über Prozess zu gewinnen. „Wir haben folgendes vereinbart: Der Staat übernimmt die Regulierung der Emissionen von Kryptowährungen, ihr Mining und den Umlaufprozess. Der Staat muss das alles unter seine Kontrolle nehmen“, erläuterte Finanzminister Anton Siluanow das Konzept.

Dahinter dürften wohl mehrere Überlegungen stecken: Der zunehmenden Popularität von Bitcoin haben bisher weder die in den Medien verbreitete Kritik, noch der rechtlich unsichere Status etwas anhaben können. Mit dem Schwenk hält sich der Kreml an das russische Motto: „Wenn Du einen Unfug nicht verhindern kannst, dann führe ihn an“, welches dem bekannten russischen Feldherrn Alexander Suworow zugeschrieben wird. Wenn Russland die digitale Währung nicht selbst schnell einführe, würden es die Partner innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion machen, bestätigte Telekom-Minister Nikolai Nikiforow diesen Gedanken.

Zudem bietet die Anonymität der Kryptowährungen Russland ebenfalls Vorteile, können doch damit gegebenenfalls internationale Sanktionen umgangen werden. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA äußerte bereits den Verdacht, dass Russlands Interesse damit in Zusammenhang stehen könne. Der Generaldirektor des russischen E-Money-Systems, Qiwi Sergej Solonin, sieht im Krypto-Rubel zumindest potenziell die Möglichkeit, einen Ersatz zum internationalen Bankentransaktionssystem Swift zu schaffen. Die Abklemmung Russlands vom Swift-System war als eine Sanktionsmöglichkeit bereits im Gespräch gewesen.

Wirklich anonym wird der Krypto-Rubel dank seiner Konfiguration allerdings nicht sein. Als Verantwortliche für die Einführung wurden neben dem russischen Finanzministerium die Zentralbank und die Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring benannt. Der Krypto-Rubel soll in reale Rubel umtauschbar sein, Kauf und Verkauf werden von der russischen Regierung mit 13 Prozent besteuert. Genaue Berechnungen für die Kosten der Einführung gibt es nicht.

Aus russischen Unternehmerkreisen kommen unterschiedliche Reaktionen: Während einige Finanzexperten dazu raten, mit schon bestehenden auf Blockchain beruhenden Zahlungssystemen zu kooperieren, ihren Umsatz in Russland zu legalisieren und damit ausländische Investoren anzulocken, hat die „Vereinigung für die Entwicklung des Geschäftspatriotismus“ (Avanti) in einem Brief an die Duma gefordert, nur den Umlauf des eigenen kontrollierbaren Krypto-Rubels zuzulassen. Anderenfalls würden Schattenwirtschaft, Korruption, Drogenhandel und Terrorismus gefördert, so ihr Argument.

KONTEXT

Die wichtigsten Antworten zum Bitcoin

Was sind Bitcoins?

Bitcoins sind eine digitale Währung, deren Idee 2008 vorgestellt wurde. Die Bitcoins werden in komplizierten Rechenprozessen erzeugt, das kostet viel Zeit und Rechenleistung, wodurch eine Inflation verhindert werden soll. Auf Plattformen im Internet werden die Bitcoins gegen klassische Währungen gehandelt. Damit soll ein Geldsystem ermöglicht werden, das unabhängig von Staaten und Banken funktioniert sowie Transaktionen beschleunigt und Kosten minimiert.

Verbreitung

Pro Tag werden der Bundesbank zufolge auf der ganzen Welt 350.000 Transaktionen mit dem digitalen Tauschmittel getätigt, verglichen mit 77 Millionen Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen allein in Deutschland. Vor allem die Bitcoins haben sich über die USA hinaus zu beliebten Spekulationsobjekten mit starken Kursschwankungen entwickelt, außerdem zu einer Art Alternativwährung in Ländern mit Kapitalverkehrskontrollen. So ballt sich ein Großteil des Handels in China.

Vorteil 1

Durch Bitcoins sollen die Gebühren von Finanztransaktionen radikal absinken: Während man für eine Auslandsüberweisung über ein traditionelles Kreditinstitut schnell einen zweistelligen Euro-Betrag zahlt, ist die Gebühr für eine Bitcoin-Transaktion gering, liegt teilweise im Cent-Bereich. Zudem dauert die Transaktion meist nur Minuten, ganz egal wie groß die geografische Distanz zweier Konten zueinander ist.

Vorteil 2

Die Digitalwährung wird "peer-to-peer" gehandelt, also direkt zwischen Nutzern ohne die Hilfe von Banken. Möglich macht dies die Nutzung der Blockchain-Technik: Innerhalb des Systems werden alle Transaktionen vielfach und dezentral (und damit dauerhaft nachvollziehbar) gespeichert. Dies könnte nicht nur Währungstransaktionen ohne Zwischeninstanz ermöglichen, sondern zum Beispiel auch Immobiliengeschäfte - die Rolle des Notars übernimmt dann das Blockchain-System. Ihr Konzept hat der bis heute unbekannte Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto in seinem berühmten "White Paper", dem Gründungsdokument der Community, 2008 beschrieben. Bitcoins funktionieren außerdem "permissionless", können also ohne Erlaubnis durch eine technische Aufsichtsbehörde benutzt werden. Die Internetwährung ist zudem "trustless": Anleger müssen keiner externen Partei vertrauen, etwa auf die Autorität staatlicher Aufsichtsbehörden oder Zentralbanken, um Bitcoins nutzen zu können.

in seinem berühmten "White Paper", dem Gründungsdokument der Community

Nachteil 1

Hauptproblem für die Nutzer dürfte die starke Volatilität sein: Tatsächlich gab es seit 2014 mehrere markante Einbrüche. Im Januar war der Kurs noch unter die Marke von 800 Dollar gerutscht, auch im März hatte es einen größeren Rückschlag gegeben. Wie volatil der Kurs auf lange Sicht ist, zeigt ein Blick auf den Wertverlauf: Nach einem ersten Höchststand bei über 1.200 Dollar Ende 2013 ging es für Bitcoin-Besitzer vor allem bergab. Erst seit Ende 2015 steigt der Kurs tendenziell wieder, weist aber hohe Ausschläge nach oben und unten auf. Ein weiteres Problem: Bitcoins sehen sich harscher Kritik der Aufsichtsbehörden ausgesetzt. Kritiker monieren, dass die Digitalwährung wegen der schwer nachvollziehbaren Zahlungswege auch für kriminelle Zwecke verwendet werden kann. Die Bundesbank hatte unlängst Sparer vor Geldanlagen in der Digitalwährung gewarnt. Der Bitcoin sei "ein Spekulationsobjekt", dessen Wert sich rapide verändere, sagte Bundesbank-Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele. "Aus unserer Sicht ist der Bitcoin kein geeignetes Medium, um Werte aufzubewahren."

Nachteil 2

Absolute Sicherheit gibt es nicht, wie die Angreifbarkeit digitaler Währungen zeigt. So gab es in der Vergangenheit zahlreiche Hackerangriffe auf große Krypto-Tauschbörsen wie MtGox oder BitFinex, bei denen Nutzer Geld verloren haben. Und innerhalb der Bitcoin-Gemeinde schwelt ein Streit über die Herstellungsrechte. Auf unbedarfte Benutzer, auf die die eingeschworene Bitcoin-Gemeinschaft eher abschätzig herabblickt, lauert eine weitere Gefahr: Digitalwährungen, die sich zwar begrifflich an die Bitcoin-Währung anlehnen, hinter denen aber ein betrügerisches System steckt. Der bekannteste Fall ist der der sogenannten Onecoins. Onecoins waren nur über eine zentrale Plattform zu erwerben und auf zentralen Servern gespeichert, Nutzer somit voll dem Betreiber ausgeliefert - für die Bitcoin-Gemeinde, die sich in Online-Foren wie Reddit austauscht, klare Anzeichen für ein Betrugssystem. Inzwischen ermitteln die Behörden.

Streit über die Herstellungsrechte

die sich in Online-Foren wie Reddit austauscht