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Unions-Konservative sprechen sich für Gespräche mit der AfD aus

Die Brandenburg-CDU liebäugelt mit einer Annäherung an die AfD. Der Tabubruch alarmiert die Bundespartei, Unions-Konservative stützen den Kurs.

Die Klarstellung ließ nicht lange auf sich warten. Nach der Gesprächsofferte des Vorsitzenden der Brandenburg-CDU, Ingo Senftleben, an die AfD meldete sich die Bundes-CDU zu Wort.

„An der klaren Abgrenzung nach rechts und nach links halten wir fest“, teilte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer mit. „Das habe ich in einem Gespräch mit dem Brandenburger CDU-Vorsitzenden auch deutlich gemacht.“

Senftleben hatte in einem „Welt“-Interview gesagt, dass er nach der brandenburgischen Landtagswahl im kommenden Jahr mit allen Parteien reden wolle. In den vergangenen Tagen hatte er dabei mehrfach seine Offenheit für Gespräche mit der Linkspartei betont.

Der AfD-Landesvorsitzende in Brandenburg, Andreas Kalbitz, habe zwar eine „klare Nähe zu rechtsextremen Strukturen“, sagte Senftleben in dem Interview. „Unabhängig davon würde ich aber auch mit der AfD Gespräche nicht ausschließen“, fügte er hinzu. „Doch mit Herrn Kalbitz wären das keine Gespräche über eine Regierungsbildung.“

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Dass Kramp-Karrenbauer sich dennoch genötigt sah, einzugreifen, kommt nicht von ungefähr. Denn beides gilt in der Union als sehr umstritten: Die CDU-Bundesspitze hat bisher eine Kooperation mit der AfD sowie mit der Linkspartei strikt abgelehnt. Die FDP reagierte empört auf den neuerlichen Kurswechsel in der Brandenburg-CDU. Doch längst hegen auch andere Christdemokraten Sympathien für den Kurs der Parteifreunde in Potsdam.

So zeigt sich der konservative Berliner Kreis in der Union grundsätzlich offen für Gesprächsangebote an die AfD. „Ich fordere schon länger eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD und dazu gehört auch, dass man miteinander Gespräche führt“, sagte Sylvia Pantel, CDU-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin des Berliner Kreises, dem Handelsblatt. „Schließlich tun wir dies auch mit den Grünen, mit denen es aus meiner Sicht weit weniger inhaltliche Schnittmengen gibt.“

Was für Beunruhigung in der Union sorgt: Senftleben hat in dem Interview zwar nicht nur eine Koalition mit der AfD, sondern auch Gespräche über eine Regierungsbildung ausgeschlossen, doch in letzter Konsequenz könnte dies auch auf eine Duldung durch die AfD hinauslaufen.

Hintergrund sind Umfragen, nach denen die derzeitige rot-rote Landesregierung bei der Landtagswahl keine Mehrheit mehr bekommen würde. Senftleben verwies darauf, dass die CDU erstmals seit langer Zeit in Brandenburg wieder die Chance auf eine Regierungsbeteiligung habe. Er verteidigte erneut, auch mit der Linkspartei sprechen zu wollen. „Wir brauchen in der politischen Landschaft eine neue Debattenkultur, und die möchte ich in Brandenburg etablieren. Das bedeutet für mich, dass man bei allen Widersprüchen im Gespräch bleiben muss“, sagte er.

Die CDU-Konservative Pantel sagte dazu: „Die konkrete Situation in Brandenburg kann ich nicht beurteilen, diese Entscheidung liegt letztendlich in den Händen unserer verantwortlichen Landespolitiker vor Ort.“ Aber: „Ich kann grundsätzlich nur empfehlen, der AfD nicht den Märtyrer-Status zuzugestehen und sie auf diese Weise noch zu stärken.“ Wer wie sie eine offene Debattenkultur fordere, der scheue auch die politische Auseinandersetzung nicht.

Aus Sicht des Bremer Politikwissenschaftlers Lothar Probst war es „nur eine Frage der Zeit, bis die ersten ostdeutschen CDU-Landesverbände anfangen, die AfD in Bezug auf ihre Koalitionsfähigkeit zu testen“.

Insbesondere in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern habe die CDU wenige Chancen, selber zur führenden Regierungspartei zu werden, auch wenn das rot-rote Bündnis in Brandenburg gegenwärtig schwächle. „Als Ausweg sehen daher einige CDU-Politiker auch in möglichen Bündnissen mit der AfD eine Chance, diesen Zustand zu ändern“, sagte Probst dem Handelsblatt.

Jedoch sei Senftlebens Argument, dass es bei Gesprächen mit der AfD nicht um eine Regierungsbildung gehen solle, wenig glaubwürdig. „Selbst wenn er die Strategie verfolgt, durch Gesprächsangebote AfD-Wählern das Gefühl zu vermitteln, dass man die AfD nicht von vorneherein stigmatisieren will, muss er damit rechnen, dadurch die AfD erst recht aufzuwerten und damit ein Argument für ihre Wahl zu liefern“, sagte Probst.

„In hohem Maße bedenklich ist, dass Herr Senftleben Gespräche nicht ausschließt, obwohl er selber der Führung der AfD in Brandenburg Nähe zu rechtsextremen Positionen nachsagt.“ Das heißt, er habe „das Gesprächsangebot nicht einmal mit der Forderung verknüpft, dass die AfD sich eindeutig von rechtsextremen Positionen und Personen trennen muss, bevor man miteinander spricht“. Es bleibe daher abzuwarten, ob andere CDU-Landespolitiker sich von solch einer Position anstecken ließen.

Das scheint offenkundig nicht der Fall. Nachfragen der „Welt“ ergaben, dass die CDU Brandenburg in der AfD-Frage unter den CDU-Landesverbänden ziemlich allein da steht. „Ich schließe jede Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch aus“, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Die Berliner CDU-Vorsitzende Monika Grütters sagte, bei allem Pragmatismus schließe die Hauptstadt-CDU eine Zusammenarbeit mit den ideologisch geprägten politischen Rändern aus, „also mit der Linkspartei und mit der AfD“.

Ablehnend äußerten sich in der „Welt“ auch andere CDU-Landesverbände im Osten. „Wir grenzen uns klar gegenüber links und rechts außen ab“, sagte Raymond Walk, Generalsekretär der CDU Thüringen. Vincent Kokert, Vorsitzender der CDU Mecklenburg-Vorpommern, erklärte, die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der AfD stelle sich in Mecklenburg-Vorpommern nicht. Thomas Webel, Vorsitzender der CDU Sachsen-Anhalt, sagte: „Von Seiten der CDU Sachsen-Anhalt gibt es keine Bestrebungen, mit der AfD eine Koalition einzugehen.“

Die Wahrscheinlichkeit für eine CDU/AfD-Koalition ist auch aus einem anderen Grund denkbar gering. Der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer verweist auf empirische Analysen. Mit den zwei in der AfD vertretenen Flügeln - dem rechtskonservativen und dem völkisch-nationalistischen - in den Parlamentsfraktionen gibt es demnach auch zwei unterschiedliche strategische Ausrichtungen.

Es gebe eine parlamentsorientierte Ausrichtung, die einen Platz rechts von der Union im Parteiensystem einnehmen und perspektivisch koalitionsfähig werden wolle, und eine bewegungsorientierte, die sich als Sprachrohr rechtsextremer Organisationen begreife und das Parlament vor allem als Bühne für Provokationen nutze, erläutert Niedermayer. „Die brandenburgische Fraktion würde ich zum zweiten Typus rechnen, so dass Kooperationsangebote der CDU ihr eher nicht in die Hände spielen, weil die Landespartei und -fraktion weiter darauf setzen werden, sich ihren Wählern als Fundamentalopposition zu den „Altparteien“ zu präsentieren.“

Anders sei dies zum Beispiel in Berlin, sagte Niedermayer weiter. „Der Fraktionsvorsitzende betont ja immer wieder, dass die AfD mittelfristig koalitions- und regierungsfähig werden müsse.“ Aber hier sehe er „keine Kooperationsbereitschaft der CDU“.