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Umfrage: Mehrheit der Chinesen stützt Pro-Russland-Kurs des Regimes – und glaubt an geheime US-Biolabore in der Ukraine

Wladimir Putin und Xi Jinping im Februar in Peking.
Wladimir Putin und Xi Jinping im Februar in Peking.

Dass zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping kein Blatt Papier passt, haben die Machthaber Russlands und Chinas die Welt zuletzt bei den Olympischen Spielen in Peking wissen lassen. Ihre Freundschaft kenne, so die beiden, keine Grenzen. Das war kurz vor Russlands Überfall auf die Ukraine. Seither unterstützt Chinas Führung Putins Krieg propagandistisch. Regierungstreue Stimmen gaben auf Internet-Plattformen von Beginn an die Parole aus, Russland so wie seinerzeit Nordkorea gegen die USA zu unterstützen. Seit den ersten Stunden des Krieges wurde die Bevölkerung in China so auf Spur gebracht. In der Ukraine, so geht seitdem die offizielle Erzählung, werde der Einfluss der westlichen Welt unter Führung der USA zurückgedrängt.

Wie aber die Menschen in China selbst über den Ukraine-Krieg denken, darüber gab es bislang keinen Aufschluss. Dies ändert nun eine repräsentative Umfrage des Carter Center China Focus. Die Ergebnisse der Umfrage finden sich auf der Seite des US-China Perception Monitor des Centers.

Das Carter Center ist eine Stiftung des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und seiner Frau Rosalynn Carter. Ziel des China Focus ist die Förderung der Beziehungen zwischen den USA und China - unter anderem auch durch wissenschaftliche Arbeiten. Hinweise zur Methode der Umfrage, findet ihr am Endes des Artikels.

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Der Umfrage zufolge antworteten 75 Prozent der teilnehmenden Chinesinnen und Chinesen auf die Frage, ob eine Unterstützung Russlands im nationalen Interesse Chinas liege, mit Ja – darunter 35 Prozent sogar mit Nachdruck (“strongly agree”). Die Haltung der chinesischen Regierung wird also von einer überwältigen Mehrheit mitgetragen. Chinas Außenminister Wang Yi macht die USA für die Eskalation des Ukraine-Konflikts verantwortlich, die die Grenzen der Nato bis vor die Haustür Russland verlegen wollten.

Das Carter Center fragte die Menschen in China auch, wie eine Unterstützung Russlands im Krieg gegen die Ukraine aussehen könnte: 61 Prozent setzten auf „moralische Unterstützung“, nur 16 Prozent der Chinesen sprachen sich für Waffenlieferungen an Russland aus.

Auch dies spiegelt den offiziellen chinesischen Kurs. Wirtschaftliche und militärische Hilfe hat China dem durch Sanktionen in Bedrängnis geratenem Russlands bisher nicht in Aussicht gestellt. Vielmehr versucht Peking, die Sanktionen des Westens weder zu unterstützen noch zu hintergehen. Zu groß ist die Furcht, am Ende selbst von Sanktionen belegt zu werden.

Die Propaganda von US-Biolaboren in der Ukraine

Die Meinungsforscher wollten dann von den Befragten wissen, ob sie von der Theorie gehört hätten, dass die russische Armee in der Ukraine US-amerikanische Biolabore aufgespürt habe. 49 Prozent der Befragten kannten diese Verschwörungstheorie, 51 kannten sie nicht. Von den 49 Prozent, die diese Behauptung aus dem chinesischen Internet aufgeschnappt hatten, glaubten 72 Prozent daran, dass sie auch wahr sei. Von denen, die sie vorher nicht kannten, glaubten sie 51 Prozent. Die Zustimmung zu der These von US-Biolaboren in der Ukraine nimmt zu je höher der Bildungsgrad der Befragten ist und je mehr an Regierungsmedien sie konsumieren. Frauen stimmen der Verschwörungstheorie in geringerem Maße, ältere Menschen in höherem Maße zu.

Chinas Kommunistische Führung hat in den vergangenen Jahren viel daran gesetzt, den Westen, allen voran die USA, zu diskreditieren. Ein Ziel ist es, im Inneren des Landes einen Feind zu präsentieren, gegen den sich die Reihen der Bevölkerung unter der ausschließlichen Führung der Kommunistischen Partei schließen sollen.

Dazu ließ die chinesische Regierung auch die Theorie in Umlauf bringen, dass das Corona-Virus in einem Labor in den USA gezüchtet worden sei. Mit solchen Manövern weist die KP eigene Verantwortung für den Ausbruch und die Verbreitung der Corona-Pandemie zurück. Gerade jetzt, wo neben Shanghai und Peking mehrere chinesische Städte in vollständigem oder teilweisem Lockdown sind, kommt es Xi und seiner Regierung zupass, das Problem auf einen äußeren Widersacher schieben zu können.

In einem Punkt offenbart sich immerhin ein Dissens zwischen der Bevölkerung und Chinas Führung. In der Frühphase des Krieges hatten offizielle chinesische Stellen dafür geworben, Russland und die Ukraine sollten an den Verhandlungstisch zurückkehren und die Kriegshandlungen einstellen. In der Umfrage vertraten 58 Prozent der Befragten die Meinung, dass China solche Friedensverhandlungen zum Ende führen solle.

Die Regierung in Peking hat eine Rolle des Schlichters bisher aber stets von sich gewiesen. Zu heikel wäre es für die Kommunistische Führung einen Konflikt als unbeteiligte Partei zu schlichten, der dem eigenen Konflikt zwischen der Volksrepublik China und Taiwan sehr ähnlich sieht. So wie Putin das “heilige Russland” wiedervereinigten möchte hat Xi als Parole “die Wiedervereinigung der Nation" ausgegeben. Taiwan soll “zu unseren Lebzeiten” besetzt werden, so Xi.

Unklar ist, ob oder wie klar Peking gegenüber der eigenen Bevölkerung kommuniziert hatte, dass es diese Rolle als Vermittler nicht einnehmen will. Was diesen Punkt anbelangt, so gibt es auch innerhalb der Führung der Partei anscheinend einen Dissens. In einem Beitrag für die Zeitschrift “Internationale Politik und Gesellschaft” schreibt der Shanghaier Professor für Internationale Angelegenheiten, Wei Hu, der für China beste Ausweg eine Verhandlungslösung sei, bei der Putin für seine Interessen am meisten herausholen könne. Hier käme dann China als Schlichter ins Spiel.

Beobachter werten die Tatsache, dass es derzeit einzelnen Personen überhaupt erlaubt ist, sich im Ausland kritisch zur Regierungslinie zu äußern, als Ausdruck eines Richtungsstreits innerhalb der KP. Sollte der Flügel der Partei, der Xis Corona- und Russland-Politik nicht billigt, stärker werden, könnte es im Herbst bei der Generalversammlung der KP, bei der Xi zum dritten Mal zum Präsidenten ausgerufen werden soll, zu einer Konfrontation kommen.

Hinweis zur Methode der Umfrage laut Carter Center:

„Das Carter Center beauftragte das kanadische Umfrageunternehmen RIWI Corp., zwischen dem 28. März und dem 5. April 2022 eine Umfrage unter der chinesischen Online-Bevölkerung zur aktuellen Krise in der Ukraine durchzuführen. Die RIWI-Technologie ermöglicht die schnelle Erfassung und Auswertung großer Stichproben öffentlicher Meinungsdaten, indem sie anonyme Opt-in-Umfragen an Internetnutzer sendet, die online surfen. Im Gegensatz zu herkömmlichen oder Online-Umfragen gewährleistet die RIWI-Technologie, dass jeder Internetnutzer in China die gleiche Chance hat, an der Umfrage teilzunehmen. Für die Befragten gab es keine Anreize zur Teilnahme, und es wurden auch keine persönlichen Daten erhoben. Die Daten wurden über Systeme und Server außerhalb Chinas erfasst. Insgesamt gingen 4 886 vollständige Antworten auf die Umfrage ein. Die Stichprobe ist überwiegend männlich und jung, daher wurden die Umfragedaten bei der Analyse entsprechend den Hochrechnungen des US Census Bureau für China gewichtet. Die resultierende Stichprobe ist repräsentativ für die chinesische Internetbevölkerung.“