Werbung

Corona: Merkel und Länder einigen sich auf gemeinsame Schritte - die Beschlüsse im Überblick

Bund und Länder haben sich angesichts gestiegener Corona-Zahlen auf striktere Vorgaben für Feiern und Restaurantbesuche geeinigt und lehnen weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen vorerst ab.

Die steigenden Neuinfektionszahlen sind nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Grund zur Beunruhigung. Es gebe einen deutlichen Anstieg vor allem in Ballungsräumen, sagte sie nach den Beratungen. Ein erneuter Shutdown, also ein weitgehendes Herunterfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens wie im Frühjahr, müsse unbedingt verhindert werden. Deshalb werde man regional und lokal zielgenau auf Ausbrüche reagieren.

Corona-Etat: Opposition kritisiert “Wahlkampf-Haushalt” - Scholz verteidigt

Deutschland sei gut durch den Sommer gekommen, nun stehe mit dem Herbst und Winter aber eine “schwierigere Zeit” bevor. Man könne sich dem aber entgegenstellen mit den richtigen Maßnahmen. Diese könnten nur durchgesetzt werden, wenn es die Bereitschaft der Bürger gebe, die Regeln zu befolgen, damit sich die Seuche nicht weiter ausbreite. Vorrang habe, die Wirtschaft so weit es gehe am Laufen zu halten und dass Kinder in Schulen und Kitas gehen könnten.

Angela Merkel, Markus Söder, Peter Tschentscher und Steffen Seibert auf dem Weg zur Pressekonferenz (Bild:: Kay Nietfeld/dpa)
Angela Merkel, Markus Söder, Peter Tschentscher und Steffen Seibert auf dem Weg zur Pressekonferenz (Bild:: Kay Nietfeld/dpa)

Merkel betonte, dass komplette Schulschließungen in der Corona-Krise künftig vermieden werden sollen. Schulen und Kitas wolle man “unbedingt betreiben”. Es brauche eine Teststrategie für Lehrer und Kinder “und ein bestimmtes Verhalten, wenn ein Infektionsfall auftritt. Hier soll nicht eine ganze Schule geschlossen werden”.

Bußgeld bei Falschangaben in Restaurants und Party-Limits

Bürgerinnen und Bürger, die in einem Restaurant oder anderen Gastwirtschaften falsche Angaben zu ihrer Person machen, müssen künftig mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro rechnen. “Falsche Personenangaben, das ist kein Kavaliersdelikt”, sagte Merkel dazu. Schleswig-Holstein kündigte sogleich an, über das Minimum deutlich hinauszugehen. Hier droht bei falschen Angaben künftig ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro, wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ankündigte.

Wer im Restaurant falsche Angaben hinterlässt, kann in Zukunft zur Kasse gebeten werden (Bild: Reuters/Wolfgang Rattay)
Wer im Restaurant falsche Angaben hinterlässt, kann in Zukunft zur Kasse gebeten werden (Bild: Reuters/Wolfgang Rattay)

Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen sollen auf maximal 50 Teilnehmer beschränkt werden. Dies gelte, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner auftreten. In privaten Räumen soll es keine Vorschriften zur Teilnehmerzahl geben. Es wir dringend empfohlen, in privaten Räumen keine Feierlichkeit mit mehr als 25 Teilnehmern durchzuführen.

Söder lobt Regelwerk

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht Bund und Länder mit dem neuen Anti-Corona-Konzept gut für Herbst und Winter vorbereitet. Man habe nun “eine Philosophie, ein Regelwerk, eine Strategie”, sagte Söder. Es gebe nun eine Art Ampel mit unterschiedlichen Warnsignalen und Stufen, die festlegen, wie ab bestimmten Schwellenwerten an Neuinfektionszahlen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen reagiert werden soll. “Mehr Maske, weniger Alkohol und kleinere Feiern”, das sei der “Grunddreiklang”, erklärte Söder.

“Es gibt zu viel Angst”: Virologe Hendrik Streeck im Interview

“Sind wir Spielverderber oder Spießer? – Nein”, sagte Söder. Man habe sich aber entschieden, “Vorsicht statt Leichtsinn zu machen”. “Wir wollen keinen generellen Lockdown im gesamten Land.” Stattdessen wolle man bei steigenden Infektionszahlen regional handeln.

Die Beschlüsse im Überblick

“Angesichts der sinkenden Temperaturen, des vermehrten Aufenthalts in geschlossenen Räumen in der Herbst- und Winterzeit sowie der drohenden Grippesaison müssen wir jetzt besonders vorsichtig sein”, mahnen Bund und Länder in ihrem neuen Beschluss vom Dienstag. “Dies gilt gerade im Bereich der Freizeitgestaltung und privaten Feiern, die sich zuletzt als eine der maßgeblichen Ursachen für regionales Infektionsgeschehen gezeigt haben.” Ein Überblick:

Keine weiteren größeren Öffnungsschritte: “Das Virus verzeiht keine Nachlässigkeit - es zu bekämpfen kann nur gelingen, wenn jeder und jede Einzelne mithilft!”, heißt es in dem Papier. “Insbesondere die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten öffentlichen Bereichen gilt verbindlich und wird von den Ordnungsbehörden konsequent kontrolliert und sanktioniert.”

Strafgelder: Wer falsche persönliche Angaben beim Restaurantbesuch macht, dem soll ein Bußgeld von mindestens 50 Euro drohen. Gaststättenbetreiber sollen zudem prüfen, ob die Angaben plausibel sind. Die Daten werden zur Nachverfolgung möglicher Kontakte zu Infizierten gesammelt. Thüringen verlangt, dass bundesweit festgeschrieben wird, dass die Informationen nur für den Infektionsschutz verwendet werden dürfen.

Alkohol: Wo die Infektionszahlen ansteigen, sollen regional “zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol” erlassen werden, um Ansteckungen in der Gastronomie einzudämmen.

Feiern: Die Länder sollen Obergrenzen für die Teilnehmerzahl bei privaten Feiern festlegen, und zwar in zwei Stufen. Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Menschen gibt, sollen in öffentlichen oder angemieteten Räumen wie Gaststätten höchstens 50 Personen gemeinsam feiern dürfen. Für Partys in Privaträumen wird eine maximale Teilnehmerzahl von 25 Menschen “dringlich empfohlen” - aber nicht verpflichtend festgeschrieben.

Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gibt, sollen höchstens noch 25 Menschen in öffentlichen oder angemieteten Räumen feiern dürfen. Für Feiern in Privaträumen wird eine Obergrenze von zehn Teilnehmern “dringlich empfohlen”. “Ausnahmen können für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.” Strengere örtliche oder Landesregelungen sind möglich.

Regionale Ausbrüche: Wenn es in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gibt, soll “sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept” umgesetzt werden - gegebenenfalls auch nur für eine betroffene Einrichtung.

Frühwarnsystem: Die Länder sollen “ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten”, um ein Überschreiten der 50-Personen-Schwelle möglichst zu vermeiden. NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatten eine Corona-Warnampel vorgeschlagen.

Fieber-Ambulanzen: Wenn die für Herbst und Winter erwartete Grippewelle zur Corona-Seuche hinzukommt, dürfte es enger werden in Arztpraxen und Krankenhäusern. Für Entlastung sollen Fieber-Ambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und -praxen sorgen. Risikogruppen wie Senioren wird empfohlen, sich vorsorglich gegen die Grippe impfen lassen. Gesundheitsämter, die mit der Verfolgung von Kontakten zu Infizierten nicht mehr hinterherkommen, werden noch einmal daran erinnert, dass sie sich in diesem Fall bei den Landesbehörden melden sollen und diese wiederum das Robert Koch-Institut alarmieren.

AHA-Formel wird länger: Die AHA-Formel rät zu einem Abstand von 1,5 Metern, Hygiene wie gründlichem Händewaschen und dem Tragen von Alltagsmasken. Nun sollen zwei neue Buchstaben dazu kommen: “C” wie Corona-Warn-App und “L” wie Lüften. Empfohlen wird auch in der kalten Jahreszeit regelmäßiges Stoßlüften.

Video: Mehr als eine Million Corona-Tote weltweit