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AfD-Politiker Brandner nennt Bundesverdienstkreuz an Lindenberg „Judaslohn“

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Brandner hat mit einem Tweet über den Sänger Udo Lindenberg scharfe Kritik auf sich gezogen. SPD und Anwaltverein fordern Konsequenzen.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses stand bereits wegen eines Tweets zum Anschlag in Halle in der Kritik. Foto: dpa
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses stand bereits wegen eines Tweets zum Anschlag in Halle in der Kritik. Foto: dpa

Mit einem Tweet über die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Sänger Udo Lindenberg hat der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner Empörung ausgelöst. In einem Tweet nannte er die Auszeichnung „Judaslohn“, weil Lindenberg die AfD nach der Landtagswahl in Thüringen hart attackiert hatte.

Politiker von FDP und Grünen reagierten mit scharfer Kritik auf den Brandner-Tweet, aus dem Deutschen Anwaltverein (DAV) wurde der Ruf nach Konsequenzen laut. Die SPD brachte Brandners Abwahl als Vorsitzender des Bundestags-Rechtsausschusses ins Spiel.

„Wir wollen die Frage der Abwahl von Ausschussvorsitzenden im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss thematisieren“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, dem Handelsblatt.

Hintergrund ist ein Tweet Brandners zu AfD-kritischen Äußerungen des Sängers Udo Lindenberg. „Klar, warum der gegen uns sabbert/ sabbern muß“, schrieb Brandner am Donnerstag auf Twitter. Dazu stellte der Abgeordnete ein Zitat aus einem „Welt“-Artikel („Der Musiker, der vor wenigen Tagen das Bundesverdienstkreuz von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten hat...“) und fügte den Hashtag „#Judaslohn“ hinzu.

Fechner sagte dazu: „Brandners Verschwörungstheorie, Udo Lindenberg müsse die AfD kritisieren, weil er das Bundesverdienstkreuz erhalten hat, ist völliger Blödsinn.“ Damit diskreditiere er sich immer weiter.

„Stephan Brandner spielt immer wieder mit antisemitischen Vorurteilen. Auch der Judaslohn gehört dazu“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, dem Handelsblatt. Denn der sei lange Zeit die Begründung für „antisemitischen Ausschreitungen“ gewesen. „Offenbar will er Udo Lindenberg in eine Art jüdisches Lager stecken und ihn damit quasi für vogelfrei erklären“, so Buschmann. „Das ist einfach nur widerlich und eines Ausschussvorsitzenden des Deutschen Bundestages nicht würdig.“

„Schande für den Deutschen Bundestag“

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Rechtspolitikerin Katja Keul. „Der Ausschussvorsitzende des Rechtsausschusses ist eine Schande für den Deutschen Bundestag und seiner Funktion unwürdig“, sagte Keul dem Handelsblatt. Der Ältestenrat des Parlaments werde sich „nicht das letzte Mal mit seiner Person befasst haben“, fügte die Abgeordnete mit Blick auf einen umstritten Tweet Brandners zum rechtsextremistischen Anschlag in Halle hinzu. Brandner hatte sich dafür später entschuldigt. Keul sagte dazu: „Mit den weiteren verbalen und antisemitischen Ausfällen belegt Herr Brandner, dass seine halbherzige öffentliche Entschuldigung im Plenum des Deutschen Bundestag reine Heuchelei war.“

Auch der Anwaltverein reagierte empört. „Das Bundesverdienstkreuz als Judaslohn zu bezeichnen, ist eine beispiellose Diskreditierung der höchsten Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, die der Bundespräsident einem verdienten Bürger für sein gesellschaftliches Engagement zuteil werden lassen kann“, sagte Ulrich Schellenberg, Präsidiumsmitglied des Anwaltvereins, dem Handelsblatt. „Herr Brandner zeigt zum wiederholten Mal, dass er nicht mehr länger tragbar in seinem Amt ist.“

Brandners Kommentar auf Twitter zur Auszeichnung von Udo Lindenberg mit dem Bundesverdienstkreuz sei „unverschämt, anmaßend und dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag unwürdig“. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich die Mitglieder des Rechtsausschusses im Bundestag „dieses Treiben ihres Vorsitzenden noch lange teilnahmslos anschauen werden“.

Brandner zeige, dass er aus seinen Fehlern nichts gelernt habe, sagte Schellenberg weiter. „Seine erst wenige Tage alte Entschuldigung an den Rechtsausschuss für einen Tweet im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle, muss mit diesem neuerlichen Angriff auf die Demokratie als das bezeichnet werden, was sie ist: unglaubwürdig.“

„Das Grauen geht um im Land, nicht nur an Halloween“

Brandner war wegen zwei Tweets zum Anschlag von Halle in die Kritik geraten. Nach einem ZDF-Interview, in dem der jüdische Publizist Michel Friedman zur Terrorattacke befragt wurde, twitterte Brandner: „Jede Sendeminute dieses deutschen Michel treibt uns neue Anhänger in Scharen zu - weiter so! #PaoloPinkel #Koksnase #Zwangsfunk.“ Zudem verbreitete er auf Twitter die Nachricht eines anderen Nutzers, der geschrieben hatte, die Opfer von Halle seien „eine Deutsche, die gerne Volksmusik hörte“, und „ein Bio-Deutscher“ gewesen. „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“

Der Rechtsausschuss hatte sich daraufhin offen gegen seinen Vorsitzenden gestellt. Brandner entschuldigte sich daraufhin im Bundestag für sein Verhalten. Er habe die Äußerungen „inhaltlich von Anfang an nicht geteilt“. Er entschuldige sich, wenn sich Menschen durch seinen Retweet „angegriffen oder schlecht behandelt gefühlt hätten“.

Brandners neuerlicher verbaler Ausfall betrifft den Sänger Udo Lindenberg. Dieser hatte das starke Wahlergebnis der AfD bei der Landtagswahl in Thüringen auf Facebook unter anderem mit den Worten kommentiert: „24 Prozent. Und viele sagen immer noch: Das wird sich niemals wiederholen – aber seht ihr denn nicht an den Häuserwänden dieselben alten neuen Parolen?“ Und: „Das Grauen geht um im Land, nicht nur an Halloween.“

Der Musiker hatte eine besondere Verbindung zur ehemaligen DDR. Schon lange vor dem Mauerfall bemühte er sich immer wieder, dort aufzutreten, war in Kontakt mit der SED-Führung und sang sich mit Liedern wie „Mädchen aus Ostberlin“ und „Sonderzug nach Pankow“ in die Herzen der ostdeutschen Fans.

Nach den jüngsten Wahlergebnissen der rechtspopulistischen AfD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg schrieb der 73-Jährige: „Wir brauchen keine rückwärtsgewandten Rassisten, Hetzer und menschenfeindliche Brandstifter mehr in unserm schönen Land, wir brauchen neue Visionen, Kreativpower für die Zukunft, echte Lösungen für die ganzen krassen Herausforderungen unserer Zeit.“