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Bahn rechnet am Dienstagmorgen mit "weitgehend normalem Betrieb"

Seit Mitternacht stehen Bahnen und Busse in den Depots, Flugzeuge sind am Boden geblieben. Mit einem bundesweiten Warnstreik machen die Gewerkschaften EVG und Verdi Druck in ihren Tarifverhandlungen. Vom 24-stündigen Ausstand sind Millionen von Menschen betroffen.

Sachsen, Dresden: Ein Mitarbeiter der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) trägt beim Warnstreik im Betriebshof Trachenberge eine Trillerpfeife um den Hals
Sachsen, Dresden: Ein Mitarbeiter der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) trägt beim Warnstreik im Betriebshof Trachenberge eine Trillerpfeife um den Hals. (Bild: Robert Michael/dpa)

Nach dem großangelegten Warnstreik bei der Bahn, im Nahverkehr und an Flughäfen hat die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG Arbeitsniederlegungen vor und während der Osterfeiertage ausgeschlossen. "Das können wir klar mit einem Nein beantworten", sagte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch am Montag auf die Frage, ob es vor oder während Ostern zu Warnstreiks kommen wird. Man wolle nicht die Reisenden bestreiken, sondern die Arbeitgeber.

Die Deutsche Bahn rechnet zudem ab Dienstagmorgen mit einem "weitgehend normalen Betrieb". "Sowohl die Züge des Fernverkehrs als auch die Züge des Regional- und S-Bahnverkehrs werden größtenteils planmäßig verkehren", teilte der Konzern am Montagnachmittag mit.

"Wer kann, ist im Homeoffice geblieben"

Am Montag legten die EVG und die Gewerkschaft Verdi den Verkehr in Deutschland dagegen in großen Teilen lahm. Für Dienstag wird nach der 24-stündigen Arbeitsniederlegung eine Normalisierung erwartet. Zu einem Chaos in Städten und auf den Autobahnen führte der Warnstreik nicht - die meisten Menschen hatten sich vorab offenbar gut darauf eingestellt. Größere Staus im Straßenverkehr wurden am Morgen nur vereinzelt von der Polizei gemeldet. Beim ADAC hieß es: "Wer kann, ist im Homeoffice geblieben."

An Bahnhöfen als auch an betroffenen Flughäfen blieb es wegen des ganztägigen Großstreiks weitgehend leer. Von dem 24-stündigen Arbeitskampf waren Millionen Berufspendler und Reisende sowie der Güter- und Schiffsverkehr betroffen.

Sachsen, Dresden: Menschenleer sind die Bahnsteige auf dem Hauptbahnhof während des Warnstreiks. (Bild: Robert Michael/dpa)
Sachsen, Dresden: Menschenleer sind die Bahnsteige auf dem Hauptbahnhof während des Warnstreiks. (Bild: Robert Michael/dpa)

Kritik der Arbeitgeberverbände und der Deutschen Bahn

Mit den ganztägigen Warnstreiks wollen die Gewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Druck in ihren Tarifverhandlungen erhöhen. Parallel zum Ausstand kommen an diesem Montag Gewerkschaften und Arbeitgeber im öffentlichen Dienst wieder zu Gesprächen zusammen. Bei der EVG stehen weitere Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und anderen Bahnunternehmen erst später an.

Verdi-Chef Frank Werneke betonte: "Mit dem Streiktag im Verkehrsbereich soll den Arbeitgebern noch einmal unmissverständlich klargemacht werden, dass die Beschäftigten eindeutig hinter unseren Forderungen stehen." Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge, kritisierte, die Tarifpartner hätten sich im vergangenen Jahr schon darauf verständigt, in drei Verhandlungsrunden zueinander zu kommen. "Deswegen erstaunt diese Massivität der Streiks vor der dritten Verhandlungsrunde schon deutlich", sagte Welge im Radiosender Bayern 2. Sie gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass ein Abschluss gelinge. Der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, warnte vor einer Ausweitung der Arbeitskämpfe.

Umfrage: Betroffen vom Streik?; Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider
Umfrage: Betroffen vom Streik?; Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider

Bahn:

Die EVG bestreikte den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr. Der Fernverkehr wurde eingestellt, der Regionalverkehr größtenteils. Einzelne Regionalbahn-Linien wurden ab Montagnachmittag wieder bedient, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Auswirkungen dürften auch am Dienstag noch zu spüren sein. Auch nicht bestreikte Privatbahnen waren betroffen, weil Beschäftigte in den Stellwerken der DB Netz die Arbeit niederlegten.

Flughäfen:

Am größten Airport Frankfurt gab es keinen regulären Passagierbetrieb, für Montag waren ursprünglich etwa 1170 Starts und Landungen mit rund 160.000 Passagieren geplant. In München fielen 785 Flüge aus. 380.000 Geschäfts- und Privatreisende mussten laut Flughafenverband ADV insgesamt am Boden bleiben. An Flughäfen sind Kommunalbeschäftigte des öffentlichen Dienstes in den Warnstreik einbezogen, es geht aber auch um Verhandlungen für Bodenverkehrsdienste sowie Gespräche für die Luftsicherheit.

"Streiktage im Europavergleich", Grafik: J. Reschke, Redaktion: J. Schneider
"Streiktage im Europavergleich", Grafik: J. Reschke, Redaktion: J. Schneider

Nahverkehr:

Erneut soll der Nahverkehr in all den Bundesländern bestreikt werden, die direkt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angebunden sind. Das sind Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Gestreikt werden soll zudem in Bayern, wo ein Tarifvertrag Nahverkehr verhandelt wird. Aus mehreren Ländern hieß es, Schülerinnen und Schüler dürften zuhause bleiben, wenn sie wegen des Warnstreiks nicht zur Schule kommen können.

"Es ist einfach Druck auf dem Kessel"

Nach Angaben der EVG beteiligten sich mehr als 31.000 Beschäftigte an ihrem Warnstreik. Der Gewerkschaftsvorsitzende Martin Burkert nannte die Arbeitsniederlegung notwendig und verhältnismäßig. "Es geht jetzt darum, dass diese Branche nicht abgehängt werden darf von der allgemeinen Lohnentwicklung", sagte er in Potsdam.

Dort verhandeln Verdi und der Beamtenbund dbb seit Montag erneut für die 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Verdi-Chef Frank Werneke rief die Arbeitgeber zum Entgegenkommen bei dieser dritten Verhandlungsrunde auf. "Es ist einfach Druck auf dem Kessel, weil die Beschäftigten es leid sind, sich jeden Tag mit warmen Worten abspeisen zu lassen, während die Arbeitsbedingungen immer schlechter werden und viele Stellen unbesetzt sind." In den Organisationsbereich von Verdi fielen die Warnstreiks im Nahverkehr in sieben Bundesländern, an nahezu allen Flughäfen sowie auf Wasserstraßen.

Bremen: Demonstranten der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen mit Plakaten vor dem Hauptbahnhof
Bremen: Demonstranten der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen mit Plakaten vor dem Hauptbahnhof. (Bild: Sina Schuldt/dpa)

Kritik von der Deutschen Bahn

"An diesem überzogenen, übertriebenen Streik leiden Millionen Fahrgäste, die auf Busse und Bahnen angewiesen sind", kritisierte ein Bahnsprecher. "Nicht jeder kann vom Homeoffice aus arbeiten." Nachteile hätten auch Unternehmen, die Güter per Schiene empfingen oder versendeten: "Gewinner des Tages sind die Mineralölkonzerne."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte mit Blick auf die Verhandlungen im öffentlichen Dienst, sie habe viel Verständnis dafür, dass sich Reisende über die Einschränkungen im Bahnverkehr ärgerten. Ausdrücklich wies sie darauf hin, "dass wir hier nicht über den Bahnabschluss verhandeln und auch nicht mit der EVG verhandeln". Tatsächlich betrifft der Warnstreik die Tarifverhandlungen, die die EVG mit Bahnunternehmen führt, sowie die für den öffentlichen Dienst. Faeser sagte: "Ich weiß, dass das Streikrecht ein Grundrecht ist und jeder hat das Recht, das auch jederzeit zu tun." Allerdings solle man darauf achten, dass die Aktivitäten auch passten.

Das fordert die Gewerkschaft

Das Besondere an dem Streiktag ist die Verschränkung verschiedener Tarifverhandlungen. Bei der EVG stehen weitere Gespräche mit den verschiedenen Bahnunternehmen ab Mitte der Woche an. "Übermorgen fängt die zweite Verhandlungsrunde an mit der Osthannoverschen Eisenbahn", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. Mit der Deutschen Bahn soll erst nach Ostern weiterverhandelt werden.

Die Gewerkschaft fordert mindestens 650 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten oder zwölf Prozent mehr Geld für die oberen Lohngruppen. Die Deutsche Bahn hatte im laufenden Tarifkonflikt mit bisher zwei Runden unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben sowie Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt. Die EVG lehnte dies ab.

Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes wollen Verdi und der Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Einkommen über 12 Monate herausholen, mindestens 500 Euro mehr. Die Arbeitgeber wollen keinen Mindestbetrag - und bieten fünf Prozent mehr Lohn über 27 Monate.

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