Chinesin wollte nicht ausziehen: Jetzt wurde eine Straße direkt über ihrem Haus gebaut

Eine Anwohnerin aus Guangzhou hat sich zehn Jahre lang geweigert, ihr Zuhause aufzugeben. Deshalb wurde jetzt eine Brücke direkt um ihr Haus herum gebaut.

Die Straßen umschließen das Nagelhaus. Foto: Screenshot / Weibo / Guangzhou Daily
Die Straßen umschließen das Nagelhaus. Foto: Screenshot / Weibo / Guangzhou Daily

Zehn Jahre lang hat sich die Besitzerin eines Häuschens in Guangzhou, einer Millionenstadt im Süden Chinas, gewehrt: Gegen die herannahenden Bagger, die ihr Zuhause abreißen wollten, um genau an diese Stelle eine Straßenbrücke zu errichten. Zwischenzeitlich steht die „Haizhuyong-Brücke“, doch sie musste um einige Meter versetzt werden. Denn auch das Häuschen der Frau wurde nicht abgerissen, stattdessen wohnt sie noch immer darin – mittlerweile umgeben von meterhohen Betonwänden.

Nagelhäuser sind ein Symbol

Solche Häuser werden „Nagelhaus“ genannt. Wie die Faz schreibt, werden im Chinesischen auch Quertreiber und Störenfriede als „Nägel“ bezeichnet. Es kommt immer wieder vor, dass sich Menschen weigern, aus ihren Häuser auszuziehen, damit an die Stelle ein Bürokomplex, ein Wohnturm oder eine neue Straße treten kann. Und so bleiben ihre Häuser stehen, wie alte Nägel, eng umgeben von Neubauten.

Lesen Sie auch: Sommerurlaub in Deutschland boomt

Chinesische Großstädte wachsen, sie befinden sich deshalb im immerwährenden Wandel. Normal ist, dass alte Häuser abgerissen werden, um Platz zu schaffen für Neues. Normal ist auch, dass die Baugesellschaften dahinter ihre Projekte ohne große Rücksicht vorantreiben – häufig mit Unterstützung des Behördenapparats. Auch fallen die Kompensationszahlungen für die Menschen, die ausziehen und sich ein neues Zuhause suchen müssen, oft sehr gering aus, weil ihre alten Häuser kaum noch Wert besitzen.

Ein Nagelhaus in Shanghai, China. Es steht auf einem der begehrtesten Baugründe der Stadt. Das Foto stammt aus dem Jahr 2016, damals haben sich einige Familien geweigert, die Kompensationszahlungen der Regierung anzunehmen und leben weiter in ihren kleinen Häusern.Foto: REUTERS / Aly Song
Ein Nagelhaus in Shanghai, China. Es steht auf einem der begehrtesten Baugründe der Stadt. Das Foto stammt aus dem Jahr 2016, damals haben sich einige Familien geweigert, die Kompensationszahlungen der Regierung anzunehmen und leben weiter in ihren kleinen Häusern.Foto: REUTERS / Aly Song

Deshalb kommt es immer wieder vor, dass sich Menschen dem Auszug verweigern. Wie in diesem Fall der Frau, deren Blick aus dem Fenster nun nicht mehr sonderlich abwechslungsreich ist. In zahlreichen Videos, die auf Youtube kursieren, ist ihr 40-Quadratmeter-Haus genauer zu sehen: Wie es nun dasteht, von allen vier Seiten umzingelt von den hohen grauen Betonwänden der Straßenbrücke. Wie notdürftig Leitungen angebracht wurden, um zumindest eine Stromversorgung zu gewährleisten. Wie ein Mauergerippe daneben noch von dem ehemaligen Nachbarsgebäude zeugt. Und wie sich Schaulustige oben am Straßenrand drängen, um einen Blick auf das Nagelhaus zu werfen.

Zehn Jahre lang hat sie sich geweigert

Laut einer lokalen Nachrichtensendung war die Frau weder mit dem Geld einverstanden, das ihr angeboten worden war, noch mit ihrer Ersatzunterkunft: Die hätte angeblich neben einem Leichenschauhaus gelegen. Sie wird zitiert, dass sie deshalb nicht unzufrieden mit dem Ausgang des Ganzen sei – und es sie nicht kümmere, was andere von ihr denken würden. Sie sagte auch, dass ihre neue Wohnlage “angenehmen” und “befreiend” sei.

Lesen Sie auch: Paris führt Maskenpflicht im Freien ein

Dieses Foto stammt aus dem Jahr 2012, es wurde in der chinesischen Stadt Wenling aufgenommen. Es ist zu einem Symbol des Widerstands gegen zu geringe Kompensationszahlungen geworden. Das Nagelhaus steht mitten auf einer neuen Straße. Foto: AP Photo / File
Dieses Foto stammt aus dem Jahr 2012, es wurde in der chinesischen Stadt Wenling aufgenommen. Es ist zu einem Symbol des Widerstands gegen zu geringe Kompensationszahlungen geworden. Das Nagelhaus steht mitten auf einer neuen Straße. Foto: AP Photo / File

Die Frau ist laut Guangzhou Daily die einzig verbliebene Anwohnerin auf dem gesamten Grundstück, auf dem ehemals 47 Haushalte und sieben Firmen standen. Bereits im Jahr 2010 hätte mit dem Abriss begonnen werden sollen, doch weil sich die Frau standhaft weigerte, verzögerte sich das Projekt. Bis zuletzt: Als beschlossen wurde, dass die Straße dann eben um ihr Haus herum gebaut wird.