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Kommentar: Olaf Scholz macht auf Donald Trump – und verrät Europa

Finanzminister Olaf Scholz auf dem Weg zu einer Pressekonferenz. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)
Finanzminister Olaf Scholz auf dem Weg zu einer Pressekonferenz. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

Der Finanzminister sperrt sich gegen eine günstige Schuldenaufnahme in den Euroländern. Dann kann er auch gehen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Europa stirbt gerade. Weniger dramatisch lässt sich das derzeit nicht beschreiben: Befallen von einem Virus, der es von innen frisst. Der Virus heißt nicht Corona, sondern Geiz.

Olaf Scholz ist nicht nur Bundesfinanzminister, sondern auch Sozialdemokrat. Eigentlich. Denn gerade meint er das eine gegen das andere ausspielen zu können. Als Schatzmeister des deutschen Staates lehnt er die Aufnahme von Euro-Bonds ab. Damit ist gemeint, dass die Länder der Euro-Zone gemeinsam Schulden aufnehmen (deren Rückzahlung dann natürlich nach dem aufgeteilt wird, wer wie viel nahm) – denn die Zinssätze für nationale Schulden variieren gerade sehr. Da nun aber viele Schulden überall gemacht werden MÜSSEN, um die coronageschädigten Volkswirtschaften Europas zu stützen, sollte möglichst wenig Geld für Zinsen bezahlt werden, denn: je mehr Zinsen, desto weniger Geld für die darbende Wirtschaft.

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Als Sozialdemokrat sollte Scholz diese gemeinsame Schuldenhaftung begrüßen, denn Corona kennt keine Grenzen, und Länder wie Italien hat der Virus auch mehr getroffen als bisher Deutschland. Denn die Situation sieht so aus:

Wenn Deutschland nun allein Schulden aufnimmt, gibt es für solche Anleihen einen Zinssatz von -0,47 Prozent. Das heißt, die Bundesregierung verdient sogar mit Schuldenmachen Geld. Würden die Euro-Länder eine gemeinsame Anleihe aufsetzen, läge der Zinssatz bei 0,2 Prozent. Man müsste also für den Kredit zahlen, aber doch SEHR wenig. Welcher Leser hier würde sich über solch einen Zinssatz für einen Privatkredit beschweren?

„Deutschland zuerst“ wird uns nach hinten stellen

Doch Scholz stellt sich quer, die Union sowieso. Es regiert der Geiz. Scholz schlägt stattdessen vor, dass Kredite für Länder wie Italien, Spanien und Frankreich über den so genannten Europäischen Rettungsschirm (ESM) laufen sollten, der hat derzeit einen Rahmen von 500 Milliarden Euro – das ist weniger als die Summe, die Deutschland allein für sich coronabedingt aufnehmen will. Und die Vergabe ist an strenge Auflagen gebunden, die gerade keiner braucht. Scholz bringt auch die Europäische Investitionsbank (EIB) ins Spiel: „Meine Zielsetzung ist, dass wir dort ein Programm möglich machen, das bis zu 50 Milliarden Euro Kreditvolumen umfasst." Denkt er, dass sowas toll klingt? In Europa sterben die Unternehmen massenweise, und Scholz spricht davon wie von Peanuts. Es muss nun geklotzt werden. 50 Milliarden Euro ist viel zu wenig – Deutschland selbst will für sich 750 Milliarden Euro aufnehmen.

Und Scholz verkauft seine Kleinherzigkeit als Regierungskunst. Das wäre lächerlich, wenn die Lage nicht so schlimm wäre.

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Viele merken es noch nicht. Aber schon beginnen Etliche in den europäischen Ländern nach einem Schuldigen zu suchen, für diese Virusmisere. Und am Ende, das zeichnet sich gerade ab, werden die Deutschen die Buhmänner sein. Ihre geizige Haltung wegen ein paar Kröten wird sie an den Pranger stellen. Vor zwei Tagen schrieb ich an dieser Stelle, dass Angela Merkel sich bald einen neuen Urlaubsort außerhalb Italiens suchen muss, weil die Gastgeberliebe der Italiener angesichts solch einer „Deutschland Zuerst“-Politik im Stile Donald Trumps rasch erkalten wird, wenn sich nichts ändert. Nun muss ich konkretisieren: Wir alle können uns dann andere Urlaubsorte suchen. Denn wir sind für unsere Politiker und deren Handeln verantwortlich. Daher muss ihnen nun auf die Füße getreten werden.

Was wahre Schuld ist

Gestern schalteten italienische Bürgermeister und Politiker aus verschiedenen Parteien eine ganzseitige Anzeige in der „FAZ“, in der sie an die „deutschen Freunde“ appellierten, sich endlich für Corona-Bonds zu erwärmen. Sie erinnerten an das Londoner Schuldenabkommen von 1953, als 21 Länder Deutschlands Schulden halbiert und den Rest gestundet hätten. Italien sei noch heute überzeugt von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Deutschland habe damals die Staatspleite vermeiden können und Solidarität erfahren. Und man möchte an dieser Stelle hinzufügen: Damals war Deutschland höchst schuldig an seinen Schulden. Italien kann für die aktuelle Corona-Lage nichts. Worauf warten wir? Will sich Olaf Scholz tatsächlich Donald Trump zum Vorbild machen?

Corona-Krise: Die aktuellen Entwicklungen gibt’s hier