Maischberger: „Ich habe in Deutschland keine Frau mit Burka gesehen“

Fielen sich ständig ins Wort: Sandra Maischbergers Gäste zum Thema “Leitkultur – Ja oder Nein?” (Bild: Screenshot ARD)
Fielen sich ständig ins Wort: Sandra Maischbergers Gäste zum Thema “Leitkultur – Ja oder Nein?” (Bild: Screenshot ARD)

Es ist eine alte Leier: Deutschland hat wieder eine Leitkulturdebatte. Innenminister Thomas de Maizière hatte Anfang Mai in der Bild-Zeitung „Zehn Punkte zur deutschen Leitkultur“ vorgelegt. Seit Friedrich Merz den Begriff der „Leitkultur“ im Jahr 2000 in die politische Einwanderungsdebatte einführte, wird regelmäßig über dessen Sinn und Unsinn diskutiert. Laut einer Umfrage wollen 52,5% der Deutschen eine Leitkultur. So lautete das Thema am Mittwochabend bei Sandra Maischberger: „Beethoven oder Burka – Braucht Deutschland eine Leitkultur?“

Die Gäste: Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), die Tänzerin und RTL-Jurorin Motsi Mabuse, die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), Stern-Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges und die konservative Publizistin Birgit Kelle.

Um es vorweg zu sagen: Es war eine durchaus interessante Runde. Doch sie hätte weit besser sein können, hätte Maischberger die Gesprächsleitung mehr an sich gerissen, wären sich die Gäste nicht ständig ins Wort gefallen, oder hätten vom Thema abgelenkt.

Deutsche Leitkultur für Ausländer?

Hans-Ulrich Jörges brachte es gleich zu Beginn der Diskussion auf den Punkt, als er de Maizières Leitkulturdebatte als ein Wahlkampfmanöver für Stimmenfang am rechten Rand entlarvte. „Diese Zehn Punkte haben einen deutlich anti-islamischen Charakter. Er will die Konservativen und Rechten mit der CDU wiedervereinigen.“ Staatssekretärin Sawsan Chebli pflichtete ihm bei und ergänzte, dass Migranten sich davon ausgeschlossen fühlten. „Leiten heißt führen. Die einen sind die Herren im Haus, die anderen sind die Gäste. Ich würde sagen, das ist ein Machtkampf zweier alter Herren, der auf dem Rücken der Gesellschaft ausgetragen wird.“ Damit deutete sie auf Joachim Herrmanns Position als Spitzenkandidat der CSU für den Posten des Innenministers – und damit als Nachfolger von Thomas de Maizière – an.

Maischberger, die die Diskussion nicht auf eine anti-islamische Ebene beschränken wollte, musste schon zu Beginn nachgeben. Zu provozierend wirkte da ein kurzer Satz aus de Maizières veröffentlichtem Text: „Wir sind nicht Burka“. Und fast alle geladenen Gäste schmissen sich auf ihn um ihn wie in Rage zu zerpflücken. Hans-Ulrich Jörges wetterte zurecht: „Die Burka ist vollkommen irrevelant. Man kann die ganzen Muslime damit brandmarken. Die Burka wird von einer Minderheit in wenigen Ländern getragen. Mit einer Ausnahme: In München in der Leopoldstraße sind sehr viele reiche Araber unterwegs, das ist der Ort in Deutschland wo die meisten Burkaträgerinnen unterwegs sind.“ Sawsan Chebli gab sich unbeeindruckt: „Ich habe in Deutschland keine Frau mit Burka gesehen. Höchstens Saudis im Niqab am Ku’damm.

Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) sieht in Deutschland keine Frauen mit Burka. (Bild: Screenshot ARD)
Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) sieht in Deutschland keine Frauen mit Burka. (Bild: Screenshot ARD)

Und da die Burka schon mal ausgepackt wurde, war die Handschlagdebatte nicht mehr fern. Einem Muslim, der sich weigere einer Frau die Hand zu geben würde Birgit Kelle antworten: „Oh doch! Du gibst sie mir“. Dem hatte Chebli ein interessantes Beispiel entgegenzusetzen. In New York, erzählte sie, habe ein orthodoxer Jude ihren Handschlag nicht erwidert. Stattdessen habe er seine Hand auf die Brust zum Gruß niedergelegt. „Ich dachte mir, wie unsensibel von mir.“ Eine Demokratie solle schließlich auch akzeptieren, dass ein konservatives religiöses Dasein gepflegt werden könne. Kelle und Chebli – und zwei Weltbilder, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Nachhilfe in Sachen Rassismus

Stern-Chefredakteur Jörges outete sich als „Blödmann“ weil er mehrmals Menschen mit schwarzer Hautfarbe auf der Straße auf Englisch angesprochen hatte – die ihm fließend auf Deutsch geantwortet hatten. Da konnten sich Chebli und Motsi Mabuse nur komplizenhaft anlächeln. Chebli beklagte sich, sie sei es leid, immer wieder nach ihrer Herkunft gefragt zu werden. Deutschland müsse nach vorne schauen. Wie recht sie hat! Und wie wichtig, dass sie diese Worte in der Öffentlichkeit äußert. Wann hört es endlich auf, nach der eigenen Herkunft beurteilt zu werden?

Witzig wurde es, als Erika Steinbachs Tweet eines Bildes diskutiert wurde. Besagtes Foto zeigt einen blonden Jungen, der umringt wird von dunkelhäutigen Kindern. Überschrift: Deutschland 2030. „Ist das rassistisch?“ fragte Maischberger Joachim Herrmann. Der guckte ganz verdattert. Jörges tätschelte ihm ermunternd das Knie: „Auch ein CSU-Politiker kann von Rassismus sprechen.“ Herrmann aber holte weit aus: Amerika, Rassendiskriminierung, Black-Lives-Matter bla, bla, bla. Maischberger hakte knallhart nach: „Herr Herrmann, darf ich Sie bitten, dass Sie beim Rassismus in Deutschland bleiben?“ Eine Antwort blieb er ihr schuldig.

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