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Mangelhafter Faktencheck und Plattform für "Querdenken"-Bewegung: Harsche Kritik an "Stern TV"

Eine Sonderausgabe des RTL-Magazins "Stern TV" sorgte am Sonntag für viel Kritik. (Bild: RTL)
Eine Sonderausgabe des RTL-Magazins "Stern TV" sorgte am Sonntag für viel Kritik. (Bild: RTL)

Der "heiße Stuhl" kehrte am Sonntag bei "Stern TV" zurück zu RTL. Doch die Tatsache, dass ausgerechnet ein Vertreter der "Querdenken"-Bewegung darauf Platz nahm, stieß in den sozialen Netzwerken auf viel Unverständnis.

Diese Premiere hatten sich die Verantwortlichen von RTL und "Stern TV" vermutlich anders vorgestellt: Am Sonntag moderierten Frauke Ludowig und RTL-Politikchef Nikolaus Blome erstmals "Stern TV". Doch die Sonderausgabe des Magazins, die sich hauptsächlich mit der Corona-Thematik beschäftigte, stieß insbesondere auf Twitter auf Empörung und harsche Kritik. Grund für den Misston war unter anderem die Wiederbelebung des alten RTL-Klassikers "Der heiße Stuhl".

1989 wurde das Format erstmals ausgestrahlt. Darin nahm eine Person mit einer zumeist sehr provokativen Meinung zu einem Thema auf dem besagten Stuhl Platz. Nach Vorstellung der entsprechenden These wurde der Gast von weiteren Personen ins Kreuzverhör genommen. Anschließend wurde gemeinschaftlich über das Thema diskutiert. 1994 wurde das Format eingestellt, eine erste Neuauflage scheiterte. Nun wagte RTL also einen weiteren Versuch, diesmal mit dem Gast Marcus Fuchs. Der 36-Jährige ist bekennender Anhänger der "Querdenken"-Bewegung in Dresden.

Marcus Fuchs irritierte mit seinen Aussagen zur Corona-Impfung. (Bild: RTL)
Marcus Fuchs irritierte mit seinen Aussagen zur Corona-Impfung. (Bild: RTL)

Zuschauerin fordert Faktenchecker im Studio

Im Verlauf der Sendung äußerte Fuchs seine Skepsis gegenüber den Corona-Maßnahmen, insbesondere der Impfung: "Die Impfung schützt nachweislich weder vor Ansteckung noch vor Übertragung noch vor Tod", behauptete Fuchs. Als Quelle nannte er Berichte des RKI. Zwar widersprach Blome dieser Aussage und wies auf den Schutz der Impfung vor einem schweren Verlauf hin, an anderen Stellen reagierte man allerdings weniger schnell: Als Fuchs behauptete, Ungeimpfte seien besser gegen eine Infektion mit Omikron geschützt, stellte die "Stern"-Redaktion diese These lediglich auf Twitter klar: "Das ist falsch! Unser Faktenchecker @greuelflush: Fuchs bezieht sich auf fehlerhafte Zahlen vom #RKI die Anfang Januar korrigiert wurden."

Einer Nutzerin reichte diese Reaktion nicht aus: "Vielleicht hätte man einen Faktenchecker im Studio haben können oder den einem ähnlich großem Publikum zugänglich machen sollen, nicht hintenrum auf Twitter?!", kritisierte sie.

Viel Kritik am Konzept der Sendung

Andere stellten hingegen das Konzept an sich infrage: "Gleich normalisiert @sterntv einen Coronaschwurbler der der Politik Menschenrechtsverbrechen vorwirft. Seriously @RTL_com? Ihr gebt jemanden diese Plattform? In einer Zeit in der die Dienste vor weiterer Radikalisierung warnen?", twitterte Sara Nanni, die für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag sitzt.

Und auch das Diskussionspanel, bestehend aus dem "Let's Dance"-Juror Joachim Llambi und der Schauspielerin Elena Uhlig, wurde kritisiert: "Wieso in aller Welt konfrontiert RTL Dresdens Querdenken-Kopf Marcus Fuchs mit den Fragen eines "Let's Dance"-Jurors? Wieso werden keine Reporter oder Reporterinnen eingeladen, die sich auskennen, die Proteste selbst begleiten, vielleicht sogar aus Dresden?", fragte der Reporter und Autor Julius Geiler, ebenfalls auf Twitter.

Vereinzelt erntete die Sendung allerdings auch Lob: Fuchs auftreten zu lassen, sei "demokratisch", hieß es. "Stern TV" selbst verwies zudem darauf, dass die Sendung ausnahmsweise von RTL und nicht von i&u TV produziert sei. Zuschauerinnen und Zuschauer sollten sich mit ihren Fragen und ihrer Kritik an den Sender wenden.

Auch Stepanovic sorgt für Verwirrung

Doch nicht nur Marcus Fuchs sorgte für Wirbel in der Sendung. Auch der ehemalige Fußballtrainer Dragoslav Stepanovic verstrickte sich in seltsame Thesen: Vor den Hintergründen der Ausweisung des serbischen Tennisprofis Novak Djokovic aus Australien vermutete der 73-Jährige: "Zu 100 Prozent ist Djokovic das Opfer politischer Machenschaften. Wenn es eine Ausnahmegenehmigung gibt, und er bringt alle Dokumente, dann muss er rein dürfen." Djokovic habe neunmal die Australian Open gewonnen: "Wenn er sie zum zehnten Mal gewinnt, dann müssten sie eine Büste vor das Stadion stellen und die Arena auf seinen Namen umbenennen. Das kostet ein paar Euro und ist nicht so nett für die Menschen, die in Australien leben", behauptete er weiter. Im Studio stieß die These auf großes Unverständnis.