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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Odessa/Moskau (dpa) - Bei einem russischen Raketenangriff auf Kiew sind nach ukrainischen Angaben mindestens drei Menschen getötet und 14 verletzt worden. Unter den Todesopfern der nächtlichen Attacke mit bodengestützten Marschflugkörpern seien zwei Kinder, teilten Bürgermeister Vitali Klitschko und die Militärverwaltung der ukrainischen Hauptstadt am Donnerstagmorgen mit. Der bereits seit 463 Tagen andauernde Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine dürfte am Donnerstag gleich bei zwei internationalen Treffen Hauptthema sein.

Laut dem ukrainischen Generalstab wurden die zehn bodengestützten russischen Iskander-Raketen von der Flugabwehr abgeschossen. Der Angriff sei um 3 Uhr nachts (2 Uhr MESZ) erfolgt, erklärte die Militärverwaltung in Kiew. Die Trümmer hätten zu vielen Opfern und zahlreichen Schäden geführt. «In den Stadtbezirken Dniprowski und Desnjanski gibt es jetzt laut den Ärzten 14 Verletzte, 9 mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden», schrieb Klitschko auf seinem Telegram-Kanal.

«Es ist Kindertag. Und die Raschisten führen einen weiteren Angriff auf unsere Hauptstadt aus und töten. Töten ukrainische Kinder», wetterte der Chef der Militärverwaltung Kiews, Serhij Popko, auf Telegram. Das Wort «Raschisten» ist eine Verbindung aus «Rascha», wie Russland auf Englisch ausgesprochen wird, und Faschist. Es wird seit Kriegsbeginn in der Ukraine als Schimpfwort für die russischen Besatzer verwendet.

Selenskyj betont Bedeutung von Getreideexporten

Bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa betonte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bedeutung des kürzlich verlängerten Getreide-Abkommens. «Die Welt weiß um die fundamentale Rolle maritimer Getreideexporte für die Lebensmittelsicherheit», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner abendlichen Videoansprache mit Blick auf die Vereinbarung mit Russland, die unter internationaler Vermittlung zustande gekommen war. «Alle Staaten mit Meerzugang auf der Welt können nun sehen, was ihren Häfen und ihren Gewässern drohen könnte, wenn Russland mit der Blockade des Schwarzen Meeres durchkommt.»

Im Zuge seines im Februar 2022 begonnenen Angriffskriegs hatte Russland die Getreideexporte des Nachbarlandes monatelang blockiert. Im Sommer vergangenen Jahres wurde dann unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei ein Abkommen zwischen den beiden Kriegsparteien geschlossen, woraufhin wieder ukrainisches Getreide verschifft wurde. Zuletzt wurde das Abkommen Mitte Mai für weitere zwei Monate verlängert - verbunden mit der Forderung Moskaus, die eigenen Exporte nun auch zu erleichtern.

USA sagen Ukraine weitere millionenschwere Militärhilfen zu

Die US-Regierung stellt der Ukraine weitere Militärhilfen zur Abwehr des russischen Angriffskriegs bereit. Das US-Verteidigungsministerium kündigte ein weiteres Militär-Paket im Umfang von rund 300 Millionen US-Dollar (rund 281 Millionen Euro) an. Darin enthalten ist demnach Munition für diverse Waffensysteme, die die USA bereits an die Ukraine geliefert haben.

Kremlsprecher wirft Westen «Russophobie» vor

Nach Drohnenangriffen auf Moskau warf Kremlsprecher Dmitri Peskow Deutschland und anderen westlichen Staaten russenfeindliche Reaktionen vor. «Man kann Russophobie nähren und sie (die europäischen Staaten) nähren die Russophobie», sagte Peskow im russischen Staatsfernsehen. Er reagierte damit auf Aussagen des deutschen Regierungssprechers Steffen Hebestreit.

Hebestreit hatte die Drohnenvorfälle in Moskau allerdings gar nicht explizit kommentiert. Stattdessen hatte er früher am Tag auf die Frage, wie er Angriffe auf das russische Kernland bewerte, gesagt: «Grundsätzlich ist es so, dass das Völkerrecht vorsieht, dass ein Land sich verteidigt.» Die Verteidigung gegen den Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine sei legitim. «Allerdings hat der Bundeskanzler immer wieder deutlich gemacht: Was den Einsatz deutscher Waffen angeht, sind diese dafür da, das ukrainische Territorium zu verteidigen.»

Am Dienstag hatte das russische Militär eigenen Angaben zufolge insgesamt acht Drohnen zerstört, die auf Moskau zuflogen. Mehrere Gebäude wurden geringfügig beschädigt. Russland macht für den Vorfall die Ukraine verantwortlich, gegen die es seit mehr als 15 Monaten Krieg führt. Das angegriffene Land wies die Vorwürfe zurück. In der Ukraine wiederum gehört schwerer Drohnenbeschuss - oft mit Toten und Verletzten - zum Alltag.

Was am Donnerstag wichtig wird

Die Außenminister der Nato-Staaten wollen am Donnerstag bei Beratungen in der norwegischen Hauptstadt Oslo die Vorbereitungen für den nächsten Bündnisgipfel vorantreiben. Unter anderem soll es um den Umgang mit dem Beitrittswunsch der Ukraine gehen.

Auch bei einem Europa-Gipfel in der an die Ukraine grenzenden Ex-Sowjetrepublik Moldau dürfte es insbesondere um Russlands Angriffskrieg gehen. Bundeskanzler Olaf Scholz sowie andere Staats- und Regierungschefs aus fast 50 Ländern werden dort zum zweiten Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) erwartet.

Im Kampfgebiet in der Ukraine dürfte am Donnerstag zudem insbesondere auf den Osten geblickt werden: Laut eigenen Angaben will der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, nach äußerst verlustreichen Gefechten nämlich von nun an die eroberte, aber von der Ukraine nicht aufgegebene Stadt Bachmut der Kontrolle der regulären russischen Armee überlassen.