"Putins Regime wird den Krieg nicht überleben", sagt Kreml-Kritiker Wolkow

"Putins Regime wird den Krieg nicht überleben", sagt Kreml-Kritiker Wolkow

Russlands Sieg über die Ukraine sei ebenso unmöglich wie ein Waffenstillstand. Das sagt der Oppositionelle Leonid Wolkow im Interview mit dem Deutschlandfunk. Für das wahrscheinlichste Szenario hält der Kreml-Kritiker eine Palastrevolution gegen Wladimir Putin. Wolkow hofft darauf, dass die Privilegierten in Russland den Präsidenten zu Fall bringen.

"Palastrevolution, denn Lifestyle der Eliten ist ruiniert"

Die Unterstützung Putins in seiner Elite sei schon jetzt sehr niedrig, meint Wokow im Interview, "weil zum Beispiel das ganze Lifestyle für seine Angehörigen jetzt ruiniert ist. Worauf ich eigentlich hoffe, damit dieser Krieg nicht dreieinhalb Jahre dauert, ist ein echter Elitenkonflikt in Russland."

Auf Twitter bezeichnet Leonid Wolkow sich als "chief of staff" von Alexej Nawalny. Für den seit fast zwei Jahren inhaftierten Juristen leitet er die Anti-Korruptions-Stiftung (Anti corruption foundation - kurz: ACF). Auf der ACF-Internetseite wird erklärt: "Korruption ist tödlich. Angesichts der Bombardierung ukrainischer Städte durch Putin war dies noch nie so offensichtlich wie heute. Putin und sein Umfeld haben alles getan, um an der Macht zu bleiben - und zu stehlen, und zu stehlen und noch mehr zu stehlen. Auf ihren eigenen Antrieb hin haben sie einen verheerenden Krieg begonnen. Aber wir haben die Macht, dafür zu sorgen, dass diese Mörder und Diebe nicht in den Genuss ihrer unrechtmäßig erworbenen Gewinne kommen. Wir werden alle ihre Villen in Monaco, ihre Villen in Miami, ihre Reichtümer überall finden - und wenn wir das tun, werden wir der kriminellen russischen Elite alles wegnehmen. Wir haben Putin seit 2011 bekämpft. Wir werden ihn bekämpfen, bis wir gewinnen."

Philip Davali/Philip Davali
Leonid Wolkow beim Demokratie-Gipfel in Kopenhagen im Juni 2022 - Philip Davali/Philip Davali

Ein enormer Erfolg von Nawalnys Kampagne gegen Putin war der Dokumentarfilm über den geheimen Palast des russischen Präsidenten. Doch nach dem Giftanschlag gegen ihn und der Rückkehr nach Russland sitzt Alexej Nawalny in Haft. Wolkow kann nur noch über die Anwälte mit ihm kommunizieren.

Vor drei Jahren nannte die Deutsche Welle Wolkow "Nawalnys Protestmanager". Inzwischen lebt der 41-jährige IT-Spezialist und Politiker Leonid Wolkow in Litauen und verbreitet von dort aus Informationen über Russland - auf Russisch. Seinen Angaben zufolge erreicht die Nawalny-Kommunikation so 12 bis 15 Millionen Leute in Russland im Monat.

"Keine Möglichkeit für Putin und Putins Regime, diesen Krieg zu überleben"

Wolkow befürchtet, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine noch lange dauern wird. Ein Waffenstillstand ist laut dem Oppositionellen weder für die Ukraine akzeptabel, noch sollte er es für den Westen sein. "Weil wenn es zu einem Waffenstillstand kommt, dann bedeutet das nur, dass Putin diesen als eine Pause betrachten wird, und die nächste Situation wird dann tödlicher sein als diese. (...) Russlands Sieg über die Ukraine, würde ich sagen, ist auch unmöglich. Eine totale Mobilisation gibt es jetzt in Russland nicht. Die Ukraine ist viel stärker geworden und es ist Putin nicht gelungen, in drei oder vier Tagen Kiew zu erobern, und ich glaube, es kann jetzt kaum geschehen. So bleiben wir in einer dritten Möglichkeit und diese dritte Möglichkeit ist ein ukrainischer Sieg, aber das braucht so viel Zeit. Meine Vorhersage ist leider ziemlich pessimistisch im Sinne, dass wir verstehen sollen, dieser Krieg bleibt mit uns für zwei, drei Jahre zumindest."

Wolkow glaubt nicht; dass es einen Volksaufstand gegen Putin geben wird. Er sagt: "Ich sehe nahezu keine Möglichkeiten für Putin und für Putins Regime, diesen Krieg zu überleben. Das ist kaum vorstellbar. Der Krieg kommt zum Ende und Russland bleibt dasselbe, das ist unvorstellbar. Russland wird sich unheimlich verändern und jetzt sind die Sachen so schlecht, dass jede Veränderung zum Besseren wird."