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Streit um Schülerstreiks bei Markus Lanz: 17-Jährige bringt FDP-Politikerin aus der Fassung

Die Schülerin Julia Oepen war das erste Mal in einer Talkshow zu Gast und schlug sich auch im Gespräch mit gestandenen Politikern nicht schlecht (Bild: ZDF)
Die Schülerin Julia Oepen war das erste Mal in einer Talkshow zu Gast und schlug sich auch im Gespräch mit gestandenen Politikern nicht schlecht (Bild: ZDF)

Normalerweise ist die Talkshow von Markus Lanz eine gemütliche Runde, in der Moderator und Gäste die Zuschauer sanft in den Einschlafmodus plaudern. Lanz liefert Stichworte, mit denen Politiker, Schauspieler oder anderweitig Prominente ihr Buch oder ihr neues Album promoten können. Am Mittwochabend war das anders. Zeitweise verwandelte sich die Debatte in ein hitziges Wortgefecht. Schuld daran war eine 17-Jährige.

Julia Oepen ist Schülerin und Mitorganisatorin der „Fridays For Future”-Streiks in Hamburg. Mit den wöchentlichen Aktionen, die auch in einigen anderen Städten stattfinden, protestieren Schüler gegen die Umweltpolitik der Bundesregierung. Aus Sicht der Jugendlichen bekämpfen die verantwortlichen Politiker den Klimawandel nicht schnell genug.

Ein Resultat der Aktionen: Ausgerechnet jene, die dem Nachwuchs bis vor kurzem noch vorwarfen, zu unpolitisch zu sein, beschweren sich nun darüber, dass die Schüler für ihre Anliegen auf die Straße gehen, statt brav auf der Schulbank zu hocken. Zuletzt hatte FDP-Chef Christian Lindner die Teenager onkelhaft aufgefordert, Umweltpolitik doch bitte den Profis zu überlassen.

Aus Sicht der Jugend wird seitens der Politik nicht schnell genug gegen den Klimawandel vorgegangen (Bild: ZDF)
Aus Sicht der Jugend wird seitens der Politik nicht schnell genug gegen den Klimawandel vorgegangen (Bild: ZDF)

Schülerin verteidigt Freitags-Demos

Schulstreik-Organisatorin Oepen sieht die Arbeit der vermeintlichen Profis eher kritisch: „Es ist seit Jahren klar, wo wir in der Klimapolitik hinmüssen, aber es tut sich nichts”, sagte die 17-Jährige gestern bei Lanz. Auf die Frage, warum sie nicht Samstags demonstriere, antwortete die junge Frau: „Wir wollen nicht übersehen werden und würden wir Samstag demonstrieren, würde ich jetzt hier nicht sitzen.” Damit liegt sie wohl richtig.

Katja Suding (FDP) fand das gar nicht lustig. Die Bildungspolitikerin sagte: „In Deutschland gilt die Schulpflicht und zwar für alle und unabhängig von der politischen Einstellung.” Die Schüler sollten doch außerhalb der Schulzeit protestieren. Ihre Söhne seien 15 und 16 Jahre alt und würden auch nicht auf die Straße gehen. Dann erneuerte sie die Forderung ihres Parteichefs: „Wir müssen den Weg zum Klimaschutz den Ingenieuren und den Wissenschaftlern überlassen.”

Was passiert, wenn man die Umweltpolitik Ingenieuren überlässt, sieht man in der Automobilindustrie: Bei VW beispielsweise entwickelten Ingenieure eine Software, die Kunden niedrige Schadstoffwerte vorgaukelt. Während Toyota seit über 20 Jahren Hybridfahrzeuge und mittlerweile sogar ein Modell mit Wasserstoffantrieb anbietet, und Tesla Elektrolimousinen verkauft, verpesten bei uns Dieselautos die Innenstädte.

Die FDP-Politikerin Katja Suding ist gegen Schülerstreiks (Bild: ZDF)
Die FDP-Politikerin Katja Suding ist gegen Schülerstreiks (Bild: ZDF)

FDP-Frau Suding ficht das nicht an. Statt umweltpolitische Vorschläge zu präsentieren, wetterte die Berufspolitikerin gegen eine unübersehbar aufgeregte 17-Jährige, die das erste Mal an einer TV-Sendung teilnahm. Oepen solle doch mal erzählen, wie sie konkret die Grenzwerte einhalten wolle.

Suding: „Die Wissenschaft muss Umweltpolitik umsetzen.”

Oepen: „Wenn die Politik auf die Wissenschaftler hören würde, würden wir nicht auf die Straße gehen.”

Suding schon sichtlich genervt: „Dann erklären Sie mir doch mal, wer es machen soll, ich möchte es verstehen.”

Oepen: „Es ist an der Politik, einen politischen Plan zu entwickeln.”

Suding belehrend: „Genau das macht Politik, das ist alles im Pariser Klimaschutzabkommen geregelt, aber um die Umsetzung müssen sich Wissenschaftler kümmern.”

Oepen: „Ich bin der Meinung, dass Politik für die Umsetzung zuständig ist und Entscheidungen treffen muss, die mir und meiner Generation eine bessere Zukunft sichern.”

Dann schaltete sich Lanz ein: „Besser kann man das nicht sagen.” Der Moderator erklärte: Es existierten Vorgaben der Wissenschaftler, es gebe Strategien des Weltklima-Rats, nur an der Umsetzung hapere es bislang. Lanz weiter: „Frau Oepen hat doch Recht.” Suding sah das anders: „Wir sind technologisch noch nicht so weit.”

Daraufhin platzte dem Psychiater und Theologen Manfred Lütz der Kragen: „Sie können doch dem Klimawandel nicht sagen: Wir sind noch nicht so weit.” Suding hatte nun endgültig genug und erwiderte: „Das ist populistischer Unsinn.”

„Unangemessenes Verhalten”: Psychiater fährt FDP-Frau in die Parade

Sudings Suada war Lütz zuviel. Er monierte: „Sie belehren hier die junge Dame in einer Art und Weise, die nicht angemessen ist.” Vielleicht seien die Jugendlichen manchmal noch naiv und nicht immer konkret in ihren Aussagen, aber sie müssten von der Politik ernst genommen werden, sonst könnte das enden, wie bei den Gelbwesten-Protesten in Frankreich, nämlich im Chaos. „Wenn die Politik den jungen Menschen nicht zuhört und Konsequenzen aus deren Forderungen zieht, dann ist das für unsere Demokratie ein Problem.”

Tatsächlich sagt es einiges über die FDP, wenn ein 65-jähriger mehr Verständnis für die Jugend hat, als eine relativ junge Politikerin. Lütz sagte: „Eine Demokratie lebt davon, dass man sich engagiert und dass die Schüler nicht gleich in die CDU oder bei den Grünen eintreten, sondern erst mal demonstrieren, finde ich gut.”

Ähnlich äußerte sich auch Bestseller-Autor Sebastian Fitzek: „Die Jugendlichen haben das Recht zu demonstrieren”, betonte der Vater von drei Kindern. Er schäme sich manchmal, wenn ihm die jungen Leute einen Spiegel vorhalten, was seinen Lebensstil betrifft.

Fazit

Eine erfreulich lebendige Diskussion, die zeigte: Die Jugend ist nicht Politikverdrossen, sondern offenbar enttäuscht von Parteien. Wer die FDP-Politikerin Suding am Mittwochabend erlebte, musste zugeben: Nicht ganz zu unrecht.

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