"Du bist nicht systemrelevant!" - Thomas Gottschalk demütigt Joko Winterscheidt

Van-Halens "Jump" als Show-Jingle, hochprozentige Drinks am Bühnenrand, Günther Jauch als Telefon-Joker, Klaas Heufer-Umlauf als "Wetten, dass ..?"-Fan und natürlich jede Menge coole Sprüche: Thomas Gottschalk ließ sich die Chance nicht entgehen und moderierte Joko Winterscheidt bei ProSieben an die Wand.

Klar, es ist weiterhin die Corona-konforme Papp-Publikum-Show mit jubelndem Applaus, der lediglich vom Band kommt. Und trotzdem war die neueste Ausgabe der mit einfachsten Mitteln sensationell komischen ProSieben-Dienstagabend-Quizshow wieder ein echtes Fest. Dass Thomas Gottschalk mit jovialem Winken zu Beginn die Zuschauer in "Deutschland, Österreich und der Schweiz" begrüßte und sich selbst völlig zu Recht als "Legende im deutschen Fernsehen" ankündigen ließ, war dem Vergnügen angemessen. Ausgerechnet bei ProSieben sprang am Dienstagabend der Funke wie an guten alten Drei-Länder-Unterhaltungssamstagen über. Zurück in die Zukunft gewissermaßen.

Joko Winterscheidt war mit der Frage "Wer stiehlt mir die Show", deren prompte Beantwortung er vermutlich bei den ersten Planungen gar nicht so wörtlich genommen hatte, zuletzt voll ins Risiko gegangen. Man erinnere sich an vergangene Woche: Da gelang erstmalig die Sensation: Thomas Gottschalk, der altgediente, noch immer schlagfertige Unterhaltungsveteran, besiegte doch tatsächlich den im Vergleich noch immer jugendlichen Joko in dessen eigener Show. Also löste Thomas Gottschalk nun den verdienten Siegpreis ein - und moderierte eine bis in alle liebenswürdigen Details hochunterhaltsame ProSieben-Sendung, die ganz vom alten "Wetten, dass ..?"-Charme geprägt war.

Thomas Gottschalk: "Die Älteren werden sich noch an meinen Vorgänger erinnern"

Plötzlich wirkte es so, als ob #WSMDS schon immer eine Thommy-Show gewesen wäre. "Die Älteren unter Ihnen werden sich noch an meinen Vorgänger erinnern", setzte der mittlerweile 70-Jährige mit einem herablassenden Gag über Joko Winterscheidt ein. Der hatte in der Gottschalk-Variante seines ursprünglich ja eigenen Quiz-Spiels plötzlich nur noch wenig zu melden. Joko sah in seinem engen Konfirmationsanzug bemitleidenswert und überfordert aus. Und er musste ertragen, wie der neue Showmaster einen Witz nach dem anderen auf seine Kosten riss. So spekulierte Gottschalk etwa über die vermeintliche Schnelllebigkeit der Branche, in der Talente wie Joko kommen und gehen - und eben nur der Welt-Franke bleibt. "Wer zu nahe an die Sonne fliegt, verbrennt sich die Flügel." Tschüss, Joko: Total-Absturz!

“Wer stiehlt mir die Show?” Elyas M’Barek löst Thomas Gottschalk ab

Allerdings wäre Gottschalk natürlich nicht Gottschalk, wenn er die diebische Freude darüber, auch den vermeintlich ganz jungen ProSieben-Fans noch einmal zeigen zu können, wie der Hase läuft, nicht ohne eine Extraportion Selbstironie und Augenzwinkern zelebriert hätte. So nahm sich das wohl immer noch größte Unterhaltungstalent der deutschen TV-Szene immer wieder selbst auf den Arm. Gottschalk kokettierte mit seiner Technikfeindlichkeit, seiner latenten Hörschwäche ("Komplimente höre ich auch, wenn sie von hinten kommen") oder seinem kuriosen Kleidungsstil. Nein, Päpste hätte er tatsächlich niemals bei "Wetten, dass ..?" auf dem Sofa begrüßt, verriet er Elyas M' Barek, Palina Rojinski und eben Joko, die tatsächlich staunten und Onkel Thommy mit offenem Mund zuhörten. "Ich hatte nie einen Papst in der Show, deswegen habe ich mich so angezogen."

Günther Jauch macht sich über ProSieben lustig

Auch aus der Tatsache, dass seine Redseligkeit nicht so ganz zur Rolle eines Quizmasters passt, machte Gottschalk kein Hehl. Er ließ ausgerechnet den wichtigsten RTL-Star Günther Jauch, seinen alten Freund, als eine Art "Telefon-Joker" in die Sendung schalten. "Wir rufen uns nur an, wenn ich nicht mehr weiter weiß." Jauch gab seinem Kumpel den Tipp, sich ja kurz zu halten und beim Fragestellen nicht zu verquasseln. Klappte natürlich nicht!

"Quiz ist nicht so sehr meins, weil ich ein bisschen zu undiszipliniert bin", sagte Gottschalk über sich selbst. Dafür durfte Jauch einen Seitenhieb auf die Show platzieren, bei der kein Geld, sondern eben nur Sendezeit abzuräumen ist. "Es gibt bei ProSieben keine Kohle", spottete der "Wer wird Millionär?"-Moderator Jauch über die Münchner Kollegen.

Quiz-Premiere: Thomas Gottschalk bittet Günther Jauch um Hilfe

Aus der Not, die ihm übertragene Aufgabe mit viel Schmäh und durchaus Ehrgeiz zu absolvieren, ohne das Treiben unnötig ernst werden zu lassen, machte Gottschalk eine Tugend. Jovial ließ er auch nicht hundertprozentige Antworten gelten - außer wenn sie von Joko kamen! Und der etwas sehr nervösen Publikumskandidatin Lily "schenkte" er großzügig Punkte. Die 26-jährige Physiotherapeutin aus Berlin freute sich, musste dann aber trotzdem als Erste wieder das Studio verlassen. Gottschalk verabschiedete sie mit viel Charme. Er wusste, was er an Lily hatte. "Man achtet darauf, dass medizinisches Fachpersonal im Studio ist, wenn ich moderiere."

Jokos "bessere Hälfte" trinkt einen mit: "Ich erhebe mein Klaas"

Bester Einfall: Die bestens aufgelegte Band, die zuletzt noch "The Mighty Winterscheidts" hieß, benannte Thomas Gottschalk in "The Heisenbergs" um ("We're breaking bad") und ließ sie Stimmungsmucke spielen. AC/DC durfte nicht fehlen - und erinnerte Schauspielerin Palina an den Klingelton ihres eigenen Vaters. Und den Status-Quo-Stampfer "Rockin' All Over The World" empfahl der Moderator schon mal zum Einüben für weitere Einsätze. Ja, Gottschalk hatte Spaß an seiner Rolle - und am Rampenlicht. Und am Studio-Rand mixte er den Teilnehmern eigenhändig Appletini-Cocktails. "Macht mal leichte Barmusik", sagte er zur Band. Kein Stress!

Tatsächlich war es ein durchsichtiger Trick, die Spielkandidaten in aufgekratzte Schwipps-Stimmung zu versetzen und selbst nur dezent am Cocktail-Glas zu nippen. Gottschalk wollte gewinnen. Und immer wieder fuhr er Überraschungen auf. So winkte er sogar aus dem Studio-Dunkel Klaas Heufer-Umlauf mit auf die Bühne - mit dem obligatorischen Seitenhieb gegen Winterscheidt. "Begrüßen Sie mit mir die bessere Hälfte von Joko und Klaas." Der kleine Bärtige strahlte Onkel Thommy an. "Ich wollte immer schon mal in einer Show sein, die von Thomas Gottschalk moderiert wird", sagte Klaas. Und für dieses freundliche Kompliment bekam er ebenfalls einen Drink. "Ich erhebe mein Klaas", prostet ihm Gottschalk zu. Na klar. Wortspiele!

Joko wird zum "Verlierer der Woche"

Zumindest sein zentrales Ziel hatte der Show-Goliath gegen die kleinen, ihn aufrichtig bewundernden Davids dann doch erreicht: Joko Winterscheidt schaffte es jedenfalls nicht, Gottschalk die ursprünglich eigene Show wieder zu entreißen. Weil Elyias M'Barek lange mit Abstand und Palina Rojinski knapp besser war, flog Joko aus dem Studio und musste den erniedrigenden "Walk of Shame" im Regen antreten. Später schlich er sich wieder auf die Bühne zurück und bot sich dem Meister als Assistentin an - in der Michelle-Hunziker-Rolle aus "Wetten, dass ..?". Am Spielfeldrand durfte Joko Drinks servieren, sonst aber nur mehr zuschauen. "Du bist nicht systemrelevant", ätzte Gottschalk. Und ruhig wurde es.

"Wer stiehlt mir die Show?": Das hat Thomas Gottschalk alles geändert

Nachdem die Winterscheidt-Demontage gelungen war, wirkte dann allerdings alles so, als ob es für Thommy gar nicht mehr besser laufen könnte. Als "Verlierer der Woche" disste er Joko an und schleppte sich dann nur noch halbherzig gewinnfreudig in die Finalrunde gegen Elyas M'Barek. Gottschalk hatte da schon gesiegt, den eigentlichen Show-Sieg konnte er dann dem "Fuck Ju, Göhte"-Star großzügig überlassen.

"Wer stiehlt Thomas Gottschalk die Show?" - Elias M'Barek!

Zum Schluss war nämlich kaum mehr so richtig zu glauben, dass Thommy im von Katrin Bauerfeind geleiteten Final-Duell wirklich noch abräumen wolle. Nur Gags waren ihm dann noch wichtig. So kritzelte der frühere Beinahe-Deutschlehrer eine ziemlich originelle Antwort auf die Frage aus der Tolkien-Welt auf seine elektronische Schultafel. "Wer er erbt von seinem Onkel den Ring, um den es in 'Der Herr der Ringe' gilt", lautete die Frage. Elyas beantwortete sie richtig mit: Frodo! Gottschalks Antwort war origineller: "Sein Neffe". Irgendwie auch richtig, irgendwie dann auch egal.

Elyas M'Barek stand zum Schluss jedenfalls im Glitzerregen des Show-Finales da: Er darf die nächste Ausgabe von "Wer stiehlt mir die Show?" moderieren. Ein wenig Bammel hat er offenbar jetzt schon. "Ich weiß nicht, ob ich mich freuen oder Angst haben soll", sagte er. Klug erkannt. Besser als Thomas Gottschalk kann man es wohl nicht machen.

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