Für und gegen Corona-Politik: Demo-Wochenende am Bodensee

Angst sei die schlimmste Pandemie aller Zeiten, meint dieser Demonstrant bei einem Gottesdienst am Ufer des Bodensees.
Angst sei die schlimmste Pandemie aller Zeiten, meint dieser Demonstrant bei einem Gottesdienst am Ufer des Bodensees.

In Konstanz konzentrieren sich am Wochenende die Demonstrationen für und gegen die Corona-Politik. «Querdenken» mobilisiert tausende Menschen - für eine Menschenkette um den Bodensee herum reicht es nicht.

Konstanz (dpa) - Zehntausende sollten es sein - aber zu den Corona-Demonstrationen am Wochenende sind viel weniger Menschen als erwartet nach Konstanz geströmt.

Die Initiative «Querdenken», die zu Protesten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung aufgerufen hatte, konnte ein paar Tausend Menschen für eine Menschenkette und eine Kundgebung mobilisieren. Angemeldet waren für die beiden Aktionen am Samstag und Sonntag allein in Konstanz fast 30.000 Teilnehmer.

Für die sogenannte Friedensmenschenkette um den Bodensee herum hatten die Veranstalter sogar auf 250.000 Menschen gehofft. Ziel der Organisatoren war es, eine durchgängige Kette durch Österreich, Deutschland, Liechtenstein und die Schweiz zustande zu bringen. Das ist laut Polizei mit rund 11.000 Teilnehmern nicht gelungen. Die Veranstalter gehen von etwa 60.000 bis 70.000 Menschen aus.

Befürworter der Corona-Politik hatten zu mehreren Gegendemonstrationen für das Wochenende aufgerufen und sich den «Querdenkern» am Wochenende immer wieder in den Weg gestellt. Die Polizei musste in einem Fall am Sonntag Tränengas einsetzen, um die Gruppen voneinander fernzuhalten. Zu ernsthaften Auseinandersetzungen kam es laut den Beamten aber nicht, Festnahmen gab es keine. Die Proteste blieben demnach größtenteils friedlich.

Der Hauptorganisator der Anti-Corona-Politik-Demos, Gerry Mayr, zeigte sich am Sonntag dennoch zufrieden. «Wir sind die Vielen - und wir werden immer mehr», sagte er bei der Kundgebung, die auf einem kleinen Festgelände nahe der Schweizer Grenze veranstaltet wurde. Der Konstanzer Unternehmer hält Quarantäne für ein modernes Gefängnis. Er wolle keine «Maskenmenschen» mehr sehen und bezeichnete die Corona-Maßnahmen der Regierung als nicht länger tragbar.

Recht bekam er von verschiedenen Rednern, die zur Demonstration geladen waren - darunter Geistliche, Naturheilkundler und Unternehmer. Zu ihren Reden gehörten unter anderem auch die üblichen Verschwörungsmythen: Die Pandemie sei erfunden, von bösen Mächten gesteuert und solle dazu beitragen, die Menschen zu versklaven. Applaus gab es von großen Teilen des Publikums, das Friedensfahnen schwenkte und mit Plakaten ein Umdenken in der Corona-Politik forderte.

Rund tausend Menschen hatten sich nach Schätzungen der Polizei bei der Kundgebung versammelt, die mit einem Gottesdienst eröffnet wurden. Erwartet worden waren zwischen 3500 und 4500. «Wir stehen für Meinungsfreiheit und jeder kann denken, was er will», sagte der Stuttgarter «Querdenken»-Initiator Michael Ballweg am Rande der Kundgebung. Es gebe immer ein paar extremere Meinungen.

Kaum ein Teilnehmer trug einen Mund-Nasen-Schutz, die meisten hielten dafür den von der Stadt Konstanz geforderten Mindestabstand. Querelen gab es dennoch rund um die Maskenpflicht. Einige Ordner weigerten sich, die Mund- und Nasen-Bedeckung zu tragen und mussten deshalb ausgetauscht werden. Die Maskenpflicht für Ordner gehörte zu den Auflagen der Stadt. Die Polizei wollte Atteste für eine Befreiung davon nicht anerkennen.

Zu den weiteren Auflagen der Stadt gehörte auch ein Verbot von «Reichsflaggen, Kaiserreichsflaggen und Zeichen, die einen deutlichen Bezug zur Zeit oder zu den Verbrechen des Nationalsozialismus herstellen und eine Verbindung zu der aktuellen Corona-Pandemie herstellen». Die Teilnehmer hielten sich daran. Ende August waren bei einer Corona-Demo am Berliner Reichstag Flaggen des deutschen Kaiserreichs geschwenkt worden. Demonstranten hatten Absperrungen durchbrochen.

Unter den Demonstranten am Bodenseeufer war auch die FDP-Politikerin Karoline Preisler, die schon selbst Corona-Patientin war und extra für Aufklärungsarbeit aus Mecklenburg-Vorpommern angereist war. «Ich finde es richtig und wichtig, dass Corona-Maßnahmen hinterfragt werden», sagte sie. «Ich möchte aber, dass wir dafür demokratische Möglichkeiten nutzen - und gerne informiere ich.»