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Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker ist für heute beendet.

  • Russland klemmt Nord Stream 1 für drei Tage ab

  • Schwere Angriffe auf Charkiw in Ukraine: Zahl der Toten steigt auf 21

  • UN-Generalsekretär in Ukraine: Guterres besucht Hafen von Odessa

  • Kritik an Kubickis Vorschlag zur Öffnung von Nord Stream 2

  • Inhaftierter Kremlgegner Nawalny kämpft trotz Todesgefahr gegen Putin

  • Prorussische Separatisten: Weitere Orte im Donezker Gebiet erobert

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Russland klemmt Nord Stream 1 für drei Tage ab +++

Russland hat angekündigt, Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 Ende August für drei Tage zu unterbrechen. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas nach Deutschland fließen, teilte der Staatskonzern Gazprom am Freitag mit. Danach sollten täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht den 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat.

In den drei Tagen müsse die einzige funktionierende Turbine der Kompressorstation Portowaja überprüft und überholt werden, hieß es von Gazprom. Dies solle in Zusammenarbeit mit Spezialisten von Siemens Energy geschehen.

Bild: REUTERS/Annegret Hilse
Bild: REUTERS/Annegret Hilse

Wegen angeblich nötiger Reparaturen hatte Gazprom schon seit längerem den Gasfluss auf 33 Millionen Kubikmeter gedrosselt. Um eine in Kanada reparierte Turbine zurückzuholen, bat Deutschland die Regierung in Ottawa um eine Ausnahme von den Sanktionen gegen Moskau. Doch als das Aggregat zurück in Deutschland war, zeigte Gazprom keine Eile, es einzubauen. Gazprom sprach von fehlenden Papieren. Die Bundesregierung warf Moskau deshalb vor, die technischen Probleme nur vorzuschützen.

+++ Schwere Angriffe auf Charkiw in Ukraine: Zahl der Toten steigt auf 21 +++

Rund einen Tag nach schweren russischen Raketenangriffen auf die ostukrainische Metropole Charkiw ist die Zahl der Toten Angaben aus Kiew zufolge auf 21 gestiegen. Zugleich seien neun weitere Menschen aus den Trümmern eines Wohnheimes gerettet worden, teilte der ukrainische Zivilschutzdienst am Freitag bei Telegram mit. In der Nacht zum Donnerstag war Charkiw von massiven Angriffen erschüttert worden, zwei Wohnheime und das Kulturhaus der Eisenbahn wurden dabei zerstört.

Neben den vielen Toten sollen auch mehrere Dutzend Menschen verletzt worden sein. Russlands Verteidigungsministerium bestätigte am Freitag lediglich Angriffe auf Ortschaften außerhalb Charkiws, die nur militärischen Zielen gegolten hätten.

+++ Putin und Macron befürworten Inspektion von ukrainischem AKW +++

Russlands Präsident Wladimir Putin und sein französischer Kollege Emmanuel Macron haben sich für eine Inspektion des von Russland besetzten südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja durch internationale Experten ausgesprochen. In einem Telefonat hätten die beiden Staatschefs bekräftigt, dass Vertreter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Lage vor Ort bewerten sollten, teilte der Kreml mit.

Russland sichere die «erforderliche Mithilfe» zu, hieß es. Der Élyséepalast teilte darüber hinaus mit, Macron habe «seine Besorgnis über die Risiken, die die Situation im Kraftwerk Saporischschja für die nukleare Sicherheit und Sicherung darstellt», betont.

Die russische und die ukrainische Führung machen sich seit Tagen gegenseitig für den Beschuss des größten Atomkraftwerks in Europa verantwortlich. Russland lehnt zudem internationale Forderungen ab, die eigenen Truppen von dem AKW-Gelände abzuziehen, das diese im Zuge des seit rund einem halben Jahr andauernden Kriegs gegen die Ukraine erobert haben. Mit Blick auf einen Besuch internationaler Atom-Experten hatte es zuletzt Uneinigkeiten zu den Anreisemodalitäten gegeben.

+++ UN-Generalsekretär in Ukraine: Guterres besucht Hafen von Odessa +++

Im Rahmen seiner Ukraine-Reise hat sich UN-Generalsekretär António Guterres in der Hafenstadt Odessa ein Bild vom kürzlich wieder aufgenommenen Getreideexport gemacht. Obwohl der nach dem Getreide-Deal wieder aufgenommene Export von Nahrungsmitteln ein Grund zur Freude sei, empfinde er auch Traurigkeit, «wenn ich in diesen wunderbaren Hafen und in diese Terminals schaue, die praktisch leer sind», sagte Guterres UN-Angaben zufolge am Freitag in der südukrainischen Großstadt.

Bild: REUTERS/Valentyn Ogirenko
Bild: REUTERS/Valentyn Ogirenko

Gleichzeitig lobte er das Abkommen, dass die Kriegsparteien unter Vermittlung der UN und der Türkei geschlossen hatten. In weniger als einem Monat seien bislang über 600 000 Tonnen Getreide in 25 Schiffen aus der Ukraine ausgefahren. Guterres betonte, dass der Zugang sowohl zu ukrainischen Lebensmitteln als auch zu russischen gewährleistet werden müsse. Mehr Nahrung und Düngemittel von der Ukraine und Russland zu erhalten, sei wichtig für die Warenmärkte und die Preise. Niemand habe erwartet, dass die Umsetzung der Initiative leicht werde.

+++ Ampel-Kritik an Kubickis Vorschlag zur Öffnung von Nord Stream 2 +++

FDP-Vize Wolfgang Kubicki ist mit einer Forderung nach Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 zur Verbesserung der Gasversorgung in Deutschland auf scharfen Widerspruch gestoßen. Von führenden Liberalen und auch den Koalitionspartnern SPD und Grüne wurde der Vorstoß am Freitag deutlich zurückgewiesen. Auch Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ging auf Distanz. Er halte den Vorschlag für «falsch und abwegig», sagte eine Sprecherin seines Ministeriums in Berlin. Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Inbetriebnahme der fertiggebauten Nord-Stream-2-Leitung ausgeschlossen.

Kubicki forderte in einem am Freitag veröffentlichten Bericht: «Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen». Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) weiter, es gebe «keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen». Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin dann doch nicht mehr Gas liefere, habe Deutschland nichts verloren. «Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt», betonte Kubicki. Dafür zu sorgen, sei oberste Pflicht der Bundesregierung.

Aus diesem Grund seien andere Pipelines aus Russland ja nicht gekappt worden, sagte er. «Wenn die Gasspeicher gefüllt sind, können wir Nord Stream 2 ja wieder schließen - und die anderen Pipelines auch, wenn wir unabhängig geworden sind. Aber das sind wir nun mal noch nicht», betonte Kubicki. Auf den Hinweis im Interview, dass Putin dies als großen Erfolg ausschlachten würde, sagte der Bundestagsvizepräsident, alles, was dafür sorge, dass mehr Gas hier ankomme, nütze Deutschland mehr als Putin. «Der größte propagandistische Erfolg für Putin wäre es im Übrigen, wenn uns das Gas ausgeht, während er noch gut an uns verdient hat. Das gilt es zu verhindern.»

«Russland setzt Energiepolitik als Waffe ein. Die Einigkeit von EU & Nato gegen Putins Krieg darf nicht aufs Spiel gesetzt werden, denn sie dient letztlich auch unserer eigenen Sicherheit», schrieb FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai auf Twitter zu der Forderung Kubickis. Vor einem falschen Signal an die europäischen Partner warnte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Grünen-Chef Omid Nouripour wies die Forderung Kubickis als sinnlos zurück. Wenn Putin nicht liefere, dann liefere er eben nicht, sagte der Grünen-Co-Vorsitzende in Berlin der Deutschen Presse-Agentur.

+++ Inhaftierter Kremlgegner Nawalny kämpft trotz Todesgefahr gegen Putin +++

Vor zwei Jahren überlebte er einen Giftanschlag, und auch im russischen Straflager sieht Kremlgegner Alexej Nawalny die Gefahr eines plötzlichen Todes als ständigen Begleiter. «Gerade hier wird am häufigsten gefoltert und getötet», ließ Russlands bekanntester Oppositioneller über seine Anwälte bei Instagram mitteilen. Der 46-Jährige informierte damit über seine dreitägige Einzelhaft in einer zweieinhalb mal drei Meter großen Isolationszelle aus Beton - eine besonders brutale Strafe im russischen Haftsystem. Nawalnys Vergehen: Er hat zum Ärger der Gefängnisleitung die Gründung einer Gefangenengewerkschaft bekanntgegeben.

Der prominenteste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin wäre am 20. August 2020 beinahe bei einem Giftanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok getötet worden. Aber er hat auch nach über anderthalb Jahren in Haft weder Kampfgeist noch Humor verloren. «Ein echter Gewerkschaftskampf ist eben nie leicht, schon gar nicht in einer Gewerkschaft im Gefängnis.» Nawalny arbeitet dort in einer Nähwerkstatt. Immer wieder verklagt der für seinen Kampf gegen Korruption bekannte Politiker das System, um Missstände offenzulegen.

Der Kreml wolle nur willenlose Sklaven in den Gefängnissen, 600 000 Insassen seien betroffen, meinte Nawalny. Mit dem Hinweis auf unmenschliche Arbeitsbedingungen wird er nach längerer Zeit erstmals wieder in der russischen Öffentlichkeit wahrgenommen. Die Initiative, sich für die Rechte von Arbeitenden auf gerechten Lohn einzusetzen, habe Nawalny innenpolitisch neu in Erinnerung gebracht, schrieb die Moskauer Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» anerkennend. Sogar die Staatsmedien und damit der Machtapparat schenkten dem Beachtung, wie das Blatt verwundert schrieb.

Dagegen dringt Nawalnys scharfe Kritik an Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine wegen der russischen Medienzensur nicht zu den Menschen durch. Gerade erst rügte er, dass die Sanktionen des Westens gegen russische Oligarchen, Putins Machtstütze, nicht wirkten und nachgeschärft werden müssten. Russlands Medien ignorieren zudem die Enthüllungen von Nawalnys im ausländischen Exil agierendem Team zur Korruption im russischen Machtapparat. Die Videos etwa zu den Reichtümern von Putins Ex-Frau Ljudmila oder zu Außenminister Sergej Lawrow werden allerdings bei Youtube viel geschaut.

Und auch seine ständige Kritik an dem «Krieg eines tollwütigen Verrückten» könnte ihm wegen Diffamierung der russischen Armee Ärger einbringen. Putin müsse gestoppt werden, sagte Nawalny. «Er braucht den Tod, den Krieg und Lügen wie Drogen, um sich an der Macht zu halten.» Trotz Haft zeigt sich der zweifache Vater ungebrochen. Wenn er traurig sei, schrieb Nawalny, denke er an seine Frau Julia. In einer Liebeserklärung zu ihrem Geburtstag in diesem Sommer notierte er: «Es fällt mir leicht einzusitzen, weil ich Dich habe.»

Bild: REUTERS/Evgenia Novozhenina
Bild: REUTERS/Evgenia Novozhenina

+++ Prorussische Separatisten: Weitere Orte im Donezker Gebiet erobert +++

Gemeinsam mit russischen Truppen haben prorussische Separatisten eigenen Angaben zufolge im ostukrainischen Gebiet Donezk weitere Ortschaften besetzt. Die Siedlungen Sajzewe und Datscha nördlich der Stadt Horliwka seien erobert worden, teilten die Separatisten am Freitag auf Telegram mit. Damit seien in Donezk bislang insgesamt 270 Siedlungen unter russische Kontrolle gebracht worden, hieß es. Unabhängig überprüfbar war das zunächst nicht. Der ukrainische Generalstab hatte sich zuletzt am Mittwoch zu Sajzewe geäußert und betont, alle russischen Angriffsversuche dort seien «abgewürgt» worden.

Nach der Eroberung des benachbarten Gebiets Luhansk Anfang Juli konzentrieren sich Russlands Truppen in der Ostukraine seit Wochen auf Donezk. Experten zufolge kommen sie dabei allerdings eher schleppend voran.

+++ Drohnen über der Krim abgeschossen +++

Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim hat die russische Flugabwehr angeblich an zwei strategisch wichtigen Orten Drohnen abgeschossen.

Einen Einsatz der Verteidigung gegen Luftangriffe gab es am Donnerstagabend beim größten Militärflugplatz der Krim, Belbek bei Sewastopol, wie der örtliche Gouverneur Michail Raswoschajew mitteilte. Ebenso waren Flugabwehrfeuer und Explosionen über der Stadt Kertsch zu hören. Auch dort wurde angeblich eine Drohne abgeschossen. Bei Kertsch verbindet die strategisch wichtige Straßen- und Eisenbahnbrücke die Krim mit dem russischen Festland.

Im russischen Gebiet Belgorod brannte ein Munitionsdepot dicht an der Grenze zur Ukraine aus. Die Vorfälle weit hinter der eigentlichen Front ereigneten sich nur wenige Stunden nach einem Dreiergipfel von Ukraine, Vereinten Nationen und der Türkei in Lwiw (Lemberg).

Dort hatten UN-Generalsekretär António Guterres und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgelotet, ob Gespräche über ein Ende des seit einem halben Jahr dauernden Krieges möglich sind. Selenskyj bekräftigte, dass Verhandlungen erst möglich seien, wenn Russland alle widerrechtlich besetzten Gebiete in der Ukraine geräumt habe.

+++ Russische Militäranlagen auf der Krim nicht mehr sicher +++

Die ukrainische Armee habe ein Recht darauf, russische Militärobjekte auf der Krim zu vernichten, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im Fernsehen. Die Kiewer Führung hat nicht offiziell die Verantwortung für die wachsende Zahl von Explosionen und Zwischenfällen auf der Krim übernommen. Gleichzeitig ist deutlich, dass die Ukraine die russische Armee auf der bislang unantastbaren Halbinsel, die als militärisches Aufmarschgebiet dient, unter Druck setzt.

Bild: REUTERS/Stringer
Bild: REUTERS/Stringer

Nach den Explosionen der vergangenen Tage war am Donnerstagnachmittag im Westen der Krim bei dem Ort Meschwodnoje eine weitere schwarze Rauchsäule beobachtet worden. Der örtliche Zivilschutz sprach aber von brennendem Gras. Am Fliegerhorst Belbek gab es nach Angaben von Gouverneur Raswoschajew durch die abgeschossene Drohne weder Schäden noch Verletzte. Unabhängig überprüfbar waren die Berichte zunächst nicht. Nach den Vorkommnissen herrschte über der gesamten Ukraine in der Nacht zu Freitag Luftalarm.

+++ Droht ein Anschlag am Atomkraftwerk Saporischschja? +++

Das russische Verteidigungsministerium und der ukrainische Militärgeheimdienst veröffentlichten am Donnerstag bedrohliche Warnungen, dass die jeweils andere Seite für Freitag Sabotageakte im AKW Saporischschja plane. Die russischen Besatzer hätten unerwartet einen arbeitsfreien Tag im größten Atomkraftwerk Europas verkündet, hieß es in der Kiewer Mitteilung. Nur die Bedienungsmannschaft solle im AKW verbleiben, allen anderen sei der Zutritt untersagt worden.

Im Internet kursierte ein nicht verifiziertes Video, das angeblich russische Militärlastwagen in einer Halle neben einem Reaktor zeigt. In den letzten Tagen ist das Werk immer wieder beschossen worden, wofür Russen und Ukrainer sich gegenseitig verantwortlich machen.

Selenskyj sprach mit Guterres in Lwiw über eine erwartete Mission internationaler Experten. Er sehe keine «objektiven Hindernisse» für die Spezialisten der Internationalen Atom-Energiebehörde (IAEA), zum Kraftwerk zu gelangen, sagte er. Die Reise werde «sehr schnell und insgesamt sicher auf legalem Weg durch das freie Territorium unseres Staates zur Station» führen.

Die russischen Truppen müssten das AKW sofort und bedingungslos räumen, forderte Selenskyj. «Die Welt hat die Macht, dies durchzusetzen.» Sonst könne man alle internationalen Rechtsakte zur Atom- und Strahlensicherheit vergessen. «Russland zerstört diese internationale Ordnung.»

Guterres sprach sich erneut für eine Entmilitarisierung des Kraftwerks und seiner Umgebung aus. Russland fordert dagegen eine Anreise der Experten über sein Gebiet und lehnt einen Abzug seiner Soldaten aus angeblichen Sicherheitsgründen ab.