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Ángel Di María: Ein Held im Schatten Messis

Argentinien ist zum dritten Mal Fußballweltmeister - und es war sein Finale, es war die Krönung des Lionel Messi. Dabei müssten die Anhänger der Albiceleste auch einem anderen Spieler danken.

Ángel Di María
Argentinien krönt sich zum dritten Mal zum Weltmeister - Ángel Di María spielte dabei eine entschiedene Rolle. (Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach)

Die Fußballwelt verneigt sich vor dem Edeltechniker aus Rosario, und fast möchte man meinen, mittendrin in den argentinischen Zeremonien hätten sie 36 Jahre nach Diego Maradona und dem WM-Triumph ihre neue Heilandfigur gefunden.

Und doch spielte im Finale auch ein anderer Kicker aus Rosario ganz groß auf. Gut möglich, dass das Spiel ohne ihn zu Ungunsten der Albiceleste gelaufen wäre. Der Name immerhin ist nicht minder ikonisch: Ángel Di María!

Der Flügelstürmer war gerade einmal knapp 64 Minuten auf dem Rasen des Lusail Stadions in Doha aktiv, zelebrierte jedoch die Fußballkunst nahe der Perfektion.

Scalonis genialer Schachzug geht voll auf

Lionel Scaloni, der Nationaltrainer Argentiniens beorderte Di María kurzerhand auf den linken Flügel, eine taktische Genialität. Denn Di María düpierte Jules Koundé so oft, dass dieser wohl ein Stoßgebet abgab, als der Juve-Star nach einer guten Stunde den Platz verließ.

Dabei war es ohnehin schon überraschend, dass Di María überhaupt in der Startelf stand: Im Turnierverlauf plagten den 34-Jährigen immer wieder Oberschenkelprobleme, die Muskulatur zwickte. So lief der in Rosario geborene Flügelstürmer im Viertelfinale erst in der 112. Minute auf, im Halbfinale verzichtete Scaloni gar ganz auf ihn.

Di María aber spielte, und Messi wusste, dass er es mit seinem Edelhelfer vollbringen konnte. Immer wieder dribbelte "La Pulga" aus dem halbrechten Raum in seiner unnachahmlichen Art ins Zentrum und spielte den Diagonalball auf Linksaußen: das Erfolgsgeheimnis einer überaus dominanten ersten Hälfte der Argentinier.

Dembélé fällt Di María - Elfmeter

Und dort stand eben jener Ángel Fabián Di María Hernández, dessen glänzender Schein schon jahrelang aufblitze, und doch von Messis Gewand überstrahlt wurde.

Für Koundé, den französischen Rechtsverteidiger wurde Di María nach und nach zum Albtraum: Mal zog er in die Mitte um sich mit Rodrigo de Paul, Messi und Julián Álvarez durch die Innenverteidigung zu kombinieren, mal ging er durch bis zur Grundlinie, um eine Flanke zu schlagen.

Was aber permanent blieb: Die "Nudel" versprühte Spielfreude. Ehrgeiz. Leidenschaft. Und er schaffte es jedem Augenzeugen klarzumachen: "Wenn ich am Ball bin, passiert etwas."

Für Ousmane Dembélé passierte in der 20. Minute zu viel: An der Grundlinie setzte die Nummer 11 Argentiniens zur Flanke an, ließ den Barca-Star einmal hüpfen und zog an ihm vorbei in den Strafraum. Dembélé fällte Di María - Elfmeter. Ein erster Aufschrei in einem denkwürdigen Finale!

Zwar war es der Messias selbst, der den Strafstoß in die Maschen schob, und doch ging das Tor auf das Konto eines Anderen aus Rosario, zumindest teilweise.

Teuerster Spieler der Premier League

Argentinien schlug nun Kapital aus der Überlegenheit, sie überluden immer wieder die linke Seite um Di María. Einst war er der teuerste Transfer der Premier League: 2014 wurde er für 75 Millionen Euro zu den Red Devils transferiert, acht Jahre später möchte man ihnen zurufen: "Jetzt wissen wir wieso!"

Paris Saint-Germain, Real Madrid und Juventus Turin wussten es ebenfalls, die Stationen der Laufbahn lesen sich jedenfalls klangvoll. Doch Di María fiel auch schon früh im Nationaldress auf, bereits vor 14 Jahren!

In den Anfängen der Traumkombination mit Messi agierte er noch über die rechte Seite, jedoch nicht minder erfolgreich: Er war es, der die Blau-Weißen 2008 zum Olympiatriumph von Peking schoss. Im letzten Jahr war er es erneut, der im Finale glänzte. Mit seinem 1:0 im Finale gegen Brasilien sicherte Di María seinem Land die lang ersehnte Copa-Trophäe und sorgte für kollektive Glücksgefühle.

Und nun? Di María schwang sich erneut auf zu Heldentaten: Der dürre 1,80 Meter-Mann mit dem spitzen Gesicht und den Segelohren vollendete den Lehrbuch-Konter zum 2:0. Dabei schob er den Ball gegen die Laufrichtung von Lloris und setzte den Ball so in den Boden, dass er über den französischen Rückhalt prallte.

In den Jubelstürmen waren bereits jetzt Tränen in den Augen auszumachen, als er Lionel Messi umarmte - wir schrieben die 36. Spielminute. Und doch symbolisierte die Situation wieder eines: Der Mann stellt sich in den Schatten seines Kapitäns - und fühlt sich wohl dort!

129 Länderspiele für Di María

In der 64. Minute wechselte Trainer Scaloni Di María dann aus. Es hätte die tragische Szene des Spiels werden können - ein Wendepunkt der Fußballhistorie. Argentinien trat plötzlich ungewöhnlich passiv auf, sorgte über die linke Außenbahn kaum mehr für Gefahr.

Und Di María? Der bibberte auf der Bank, musste sich schon an der Trainerbank festhalten, um nicht aus den Fußballschuhen zu kippen. Die Tränen standen dem 34-Jährigen abermals in den weit aufgerissenen Augen. Den Gipfel der Spannungskurve, das Elfmeterschießen im WM-Finale, musste er selbst als Zuschauer vom Seitenrand miterleben

Der Rest ist Geschichte - Argentinien ist zum dritten Mal Weltmeister. Lionel Messi strahlte über allem.

Der Größte aller Zeiten hatte sein Meisterwerk vollendet. Und doch wird im Schatten dieser Memoiren immer wieder ein anderer Name in den Geschichtsbüchern auftauchen: Ángel Di María. Denn nach 129 Länderspielen hat auch seine WM-Geschichte das passende Ende gefunden.

Im Video: Argentinien-Fans schwärmen über "Gott" des Fußballs