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Was jeder laut Experten über Antibiotika wissen sollte

Wann solltest du allerdings Antibiotika nehmen? Und muss man wirklich die ganze Packung nehmen? Wir haben hier zusammengestellt, was du laut Experten über Antibiotika wissen solltest.

Antibiotika sind sehr wirksam, aber das heißt nicht, dass sie für jeden Husten, jedes Wehwehchen und jeden Schnupfen geeignet sind. (Foto: Getty/Nadeen Nakib für Yahoo Life)
Antibiotika sind sehr wirksam, aber das heißt nicht, dass sie für jeden Husten, jedes Wehwehchen und jeden Schnupfen geeignet sind. (Foto: Getty/Nadeen Nakib für Yahoo Life)

Antibiotika gehören zu den wirksamsten Instrumenten der Medizin. Sie werden zur Behandlung einer Vielzahl von Infektionen verschrieben, die durch Bakterien verursacht werden, beispielsweise Harnwegsinfektionen, die meisten Ohrinfektionen, Streptokokken und bakterielle Lungenentzündungen.

Aber nur weil sie so wirksam sind, heißt das nicht, dass sie gegen jeden Husten, Schmerz und Schnupfen eingesetzt werden sollten. Wann solltest du allerdings Antibiotika nehmen? Und muss man wirklich die ganze Packung nehmen? Wir haben hier zusammengestellt, was du laut Experten über Antibiotika wissen solltest.

Wie genau wirken Antibiotika?

Antibiotika wirken, indem sie Bakterien entweder direkt abtöten oder ihr Wachstum und ihre Ausbreitung verhindern. „Denn wenn sie nicht wachsen können, sterben sie“, so Hai Tran, klinischer Pharmazeut und stellvertretender Leiter der Pharmakologie im Non-Profit Krankenhaus Cedars-Sinai in Los Angeles gegenüber Yahoo Life.

Aber nicht alle Antibiotika wirken – also bekämpfen Bakterien – auf die gleiche Weise. „Verschiedene Antibiotika können dies durch unterschiedliche Mechanismen erreichen und einige Antibiotika sind gegen bestimmte Bakterien aktiv, während andere gegen verschiedene Arten von Bakterien wirken können“, erklärt Jessica Smith, klinische Pharmazeutin, die am Ohio State University Wexner Medical Center auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten praktiziert, gegenüber Yahoo Life. Und natürlich spielt auch das Immunsystem eine Rolle. „Antibiotika helfen zusammen mit dem körpereigenen Immunsystem dabei, durch Bakterien verursachte Infektionen zu bekämpfen“, erklärt sie.

Wann sollte man kein Antibiotikum nehmen?

Antibiotika wirken, wie gesagt, nur gegen bakterielle Infektionen. „Sie wirken nicht gegen Viren oder Pilzerkrankungen“, sagt Tran. „Die Verwirrung kommt immer in der Winterzeit auf, wegen der Grippe. Die Grippe wird durch ein Virus verursacht.“

Smith stimmt dem zu und erklärt, dass Antibiotika, die auf die Bekämpfung von Bakterien zugeschnitten sind, nur bei durch Bakterien verursachten Infektionen hilfreich sind. „Viele Infektionen –z. B. Erkältung, COVID-19, Influenza/Grippe – werden durch Viren verursacht, sodass die Einnahme eines Antibiotikums nicht hilft“, sagt sie. „Virostatika, die gegen Viren wirken, können in bestimmten Situationen zur Behandlung dieser Viren eingesetzt werden, aber Antibiotika, die gegen Bakterien wirken, sind nicht hilfreich.“

Sie fügt hinzu, dass einige Infektionen wie Sinusitis, Bronchitis oder Lungenentzündung entweder durch Viren oder durch Bakterien verursacht werden können. Smith sagt also, dass es wichtig ist, mit einem Mediziner zu besprechen, ob in dieser Situation Antibiotika benötigt werden.

In manchen Fällen kann sich jedoch eine Virusinfektion in eine bakterielle Infektion verwandeln. Wenn man eine Erkältung oder Grippe über einen längeren Zeitraum hat, kann dies die „guten Bakterien“im Körper beeinträchtigen und zu einer „Superinfektion“führen, erklärt Tran.

„Zu diesem Zeitpunkt könnte ein Antibiotikum gerechtfertigt sein“, sagt sie. „Die meisten Husten und Erkältungen werden durch Viren verursacht, sodass man den Patienten zu diesem Zeitpunkt nicht mit einem Antibiotikum behandeln sollte. Wenn der Husten jedoch eine Woche oder länger anhält und der Patient weiterhin Fieber hat, sollte man sich Gedanken über eine bakterielle Infektion machen. Es kommt also auf den Zeitpunkt an. Deshalb fragen Ärzte nach, wie lange die Symptome schon bestehen.“

Warum ist es so wichtig, keine Antibiotika einzunehmen, wenn man es nicht muss?

Es mag zwar verlockend sein, Antibiotika zu nehmen, auch wenn man sie nicht unbedingt braucht, aber Experten halten das für keine gute Idee. „Es gibt mehrere Gründe, warum es wichtig ist, Antibiotika nicht übermäßig einzusetzen“, sagt Smith. „Erstens kann der übermäßige Einsatz von Antibiotika die Antibiotikaresistenz fördern. Wenn Bakterien einem Antibiotikum ausgesetzt sind, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie in Zukunft gegen dasselbe Antibiotikum – und manchmal auch gegen andere Antibiotika – resistent werden.“

In manchen Fällen kann die wiederholte Einnahme verschiedener Antibiotika zu „Superinfektionen“ führen, für die es keine effektiven Behandlungsmöglichkeiten gibt, erklärt Smith.

Zweitens töten Antibiotika oft nicht nur die „schlechten“ Bakterien, die eine Infektion verursachen, sondern auch die „guten“ Bakterien in unserem Körper. „Die guten Bakterien, die in unserem Darm leben, sind wichtig für die Verdauung und schützen uns vor Infektionen, die durch schädlicheBakterien verursacht werden“, erklärt Smith. „Wenn diese durch Antibiotika abgetötet werden, können die schlechten Bakterien die Oberhand gewinnen und Probleme wie Clostridioides difficile (C. difficile)-Infektionen verursachen. Manche Ärzte empfehlen die Einnahme eines Probiotikums zusammen mit einem Antibiotikum, das bei bestimmten Nebenwirkungen wie Durchfall helfen kann.“

Antibiotika sollten nur eingenommen werden, wenn es nötig ist (Bild: Getty Images)
Antibiotika sollten nur eingenommen werden, wenn es nötig ist (Bild: Getty Images)

Und schließlich haben Antibiotika Nebenwirkungen, von denen einige schwerwiegend sein können, sagt Smith. Dazu gehören Übelkeit, Durchfall, Hautausschlag, Schwindel oder Pilzinfektionen, so die Centers for Disease Control and Prevention (Anm. d. Red.: Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums). Bei Antibiotika aus der Familie der Fluorchinolone, zu denen auch Cipro gehört, können seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen wie Gelenkschwellungen, Sehnenentzündungen oder Sehnenrisse auftreten.

Aus diesen Gründen, sagt Smith, ist es wichtig, „nur Antibiotika einzusetzen, wenn eine bakterielle Infektion vorliegt und dann nur für eine möglichst kurze Dauer.“

Muss man die Antibiotika immer bis zum Ende einnehmen?

„Auf jeden Fall“, sagt Tran. Smith stimmt zu und sagt, dass es wichtig ist, bei der Einnahme von Antibiotika die Anweisungen zu beachten und nicht einfach irgendwas zu tun. „Selbst wenn man sich langsam besser fühlt, sollte man die verschriebenen Antibiotika zu Ende einnehmen, um sicherzustellen, dass die Infektion vollständig behandelt wird und sich die Wahrscheinlichkeit verringert, dass diese erneut auftritt“, sagt sie. „Das frühzeitige Absetzen eines Antibiotikums oder der Wechsel zu einem anderen Antibiotikum sollte nur auf Anraten eines Mediziners durchgeführt werden.“

Die Einnahme von Antibiotika nicht zu Ende zu führen, ist schwerwiegender, als du vielleicht annimmst. Tran erklärt, warum: „Nehmen wir an, man hat zu früh aufgehört, weil man sich besser gefühlt hat – man hat sich besser gefühlt, weil das Antibiotikum zu diesem Zeitpunkt die meisten Bakterien abgetötet hat. Aber wenn man zu diesem Zeitpunkt aufhört, wurden einige Bakterien nicht vollständig abgetötet und sie beginnen, sich wieder zu vermehren.“

Das bedeutet aber nicht nur, dass die Infektion zurückkehren könnte. Es kann auch eine Antibiotikaresistenz entstehen. „Es kann passieren, dass diese Bakterien einen Weg finden, das jeweilige Antibiotikum zu bekämpfen“, erklärt Tran. „Das kann zu einer Resistenz führen. Und dann stellen wir fest, dass das Antibiotikum nicht mehr wirkt.“

Warum ist es keine gute Idee, das Antibiotikum eines Familienmitgliedes oder Freundes zu nehmen?

Antibiotika sind keine Einheitsmedikamente und sollten nur so eingenommen werden, wie sie vom Arzt verschrieben wurden. „Antibiotika werden sehr sorgfältig auf der Grundlage des zu behandelnden Patienten – z. B. Alter, Gewicht, Nierenfunktion –, der Art der zu behandelnden Infektion und der Bakterien, die die Infektion verursachen, ausgewählt“, erklärt Smith.

Ärzte und Apotheker prüfen auch, ob das Antibiotikum in der richtigen Dosis und Dauer verschrieben wird, sagt sie, und „sie achten auf mögliche Probleme wie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Medikamentenallergien“.

Wenn du krank bist und glaubst, dass du ein Antibiotikum benötigst, ist es laut Smith immer am besten, sich von einem Mediziner beraten zu lassen. Dieser kann feststellen, ob du ein Antibiotikum benötigst und, wenn das der Fall ist, welches am sichersten und wirksamsten ist.

Video: Pharma-Lobby will Anreize für mehr Antibiotika

Rachel Grumman Bender