Kommentar: Trumps letzter Kampf: Lieber Bürgerkrieg, als Gefängnis

Die Schlinge der US-Justiz zieht sich zu und Donald Trump tritt die Flucht nach vorne an. Wird dies wirklich sein Ende einläuten? Oder stürzt er das Land in ein bürgerkriegsähnliches Chaos?

Ein Kommentar von Moritz Piehler

Der Mann im Schatten: Auch aus dem politische Off bestimmt Donald Trump immer noch die politische Debatte in den USA. (Bild: Jabin Botsford/The Washington Post via Getty Images)
Der Mann im Schatten: Auch aus dem politische Off bestimmt Donald Trump immer noch die politische Debatte in den USA. (Bild: Jabin Botsford/The Washington Post via Getty Images)

Diese Fragen bewegen die Welt seit 2016: Wie weit ist Trump bereit zu gehen? Und womit kommt er denn noch durch? Auch zwei Jahre, nachdem er das Amt abgeben musste, kehrt keine Ruhe um den Ex-Präsidenten ein. Es wäre vermutlich auch sein persönlicher Albtraum, wenn er einfach ignoriert würde. Stattdessen hält er nicht nur seine eigene Partei in Geiselhaft, er wehrt sich auch trumpesk gegen die verschiedenen juristischen Verfahren, die gegen ihn anhängig sind. Und zwar mit allen Mitteln. Dieses Gebaren ist brandgefährlich!

Demokratie im Klammergriff: Trump trommelt seine Truppen zusammen

Denn neben dem Verlust seiner öffentlichen Bühne dürfte Trumps zweite große Sorge die vor einer Verurteilung sein. Also trommelt er jetzt seine Truppen zusammen. Dies ist leider in seinem Fall durchaus im Sinne des Wortes zu verstehen. Unter den Hardcore-Trump-Anhängern befinden sich nämlich auch hochgerüstete und gewaltbereite Menschen. Eine gruselige Vorschau lieferte der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Trump hatte auch damals seine treuesten Fans dazu aufgerufen, ihren Protest auf die Straße zu tragen und den demokratischen Prozess der seiner Meinung nach "gestohlenen" Wahl zu stören. Sie folgten ihm bereitwillig und die Bilder des gewaltsamen Kapitolsturms demolierten das Bild der US-Demokratie weltweit.

Donald Trump: Ex-Präsident ruft wegen angeblich bevorstehender Festnahme zu Protesten auf

Wer den USA wirklich schadet, ist Donald Trump

Zur Verantwortung gezogen wurde Trump dafür (bislang) nicht. Kein Wunder also, dass er auch jetzt auf diese altbewährte Masche zurückgreift. Am vergangenen Samstag (18.3.) verkündete er, er solle am kommenden Dienstag verhaftet werden. Hintergrund ist das Verfahren in New York, dass gegen Trump wegen mutmaßlicher Schweigegeldzahlungen an den Porno-Star Stormy Daniels läuft. Trump rief seine Anhänger mit martialischen Worten zu seiner Verteidigung auf. Seine Drohung richtete sich besonders gegen den Oberstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg. "Sie töten unsere Nation, während wir nur zuschauen", schrieb Trump in Versalien auf seinem eigenen Netzwerk "Truth Social". Es sei an der Zeit, so der Ex-Präsident, Amerika "zu retten". "Protestiert! Protestiert! Protestiert!"

(Screenshot: Truth Social)
(Screenshot: Truth Social)

Das Schlimme ist, selbst seine eigene Partei weiß diesem antidemokratischen Verhalten nichts entgegenzusetzen. Wo es klarer Worte bedürfte, wird gekuscht. Wo die Demokratie verteidigt werden müsste, geschwiegen. Denn wer der Nation wirklich schadet, das ist nur einer. Doch der hat die Republikaner mittlerweile fest in seinem eisernen Griff.

Angst fressen Seele auf

Statt also den tönenden Trump zu isolieren, stellen sich prominente Republikaner auch noch hinter ihn. Und schwächen so nicht nur Justiz und Demokratie, sondern vertiefen auch die politischen Gräben in den USA, die sich indes zu veritablen Schützengräben auswachsen. Kevin McCarthy, Sprecher des Repräsentantenhauses, schrieb auf Twitter: "Es geht schon wieder los – ein ungeheuerer Machtmissbrauch durch einen radikalen Staatsanwalt, der Gewaltverbrecher laufen lässt, während er politische Rache an Präsident Trump nehmen will."

Zu den Unterstützern gehört auch ausgerechnet Mike Pence. Der Ex-Vize von Trump will zwar selbst als Kandidat antreten und war erklärtes Ziel der Kapitolstürmer vom 6. Januar. Sie wollten ihn hängen sehen und zwar für sein "Vergehen", sich an die demokratischen Spielregeln zu halten. Das hält Pence aber nicht davon ab, sich nun hinter seinen ehemaligen Chef zu stellen. Allein daran lässt sich sehen, wie groß sie Angst der allermeisten Republikaner ist, es sich mit den Trumpisten zu verderben. Ein fatales Signal.

Noch ist Zeit, Trump zu stoppen

Eine ganz neue Variante brachte übrigens der bekannte Promi-Verteidiger Alan Dershowitz ins Spiel. Der Ex-Verteidiger von Sympathen wie Jeffrey Epstein und OJ Simpson mutmaßte, selbst eine Haftstrafe könne Trump nicht stoppen. Dieser würde dann einfach aus dem Gefängnis heraus regieren.

Im Video: Am kommenden Dienstag: Donald Trump kündigt seine Verhaftung an

In dieser Woche jährt sich das sogenannte "Ermächtigungsgesetz" der NSDAP von 1933 zum 90. Mal. Auch wenn Nazi-Vergleiche sich in der Regel verbieten, lohnt hier der Blick in die Geschichte, um zu sehen, wie rasend schnell eine Demokratie von innen heraus zerstört und in eine Autokratie und sogar in eine Diktatur verwandelt wird. Trump ist offensichtlich bereit, jeden dieser Schritte zu gehen, das beweist sein Aufruf einmal mehr. Noch atmen die Institutionen der US-Demokratie, auch wenn sie gehörig wanken. Höchste Zeit, dem Trump-Spektakel ein Ende zu bereiten, bevor sie nicht mehr da sind.