Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Liveticker ist für heute beendet. Die wichtigsten Ereignisse des Tages können Sie hier nachlesen.

  • Selenskyj hält besetztes Mariupol nicht für komplett verloren

  • Scholz soll Verteidigungsausschuss über Waffenlieferungen berichten

  • Litauen liefert schwere Mörser an Ukraine und verlängert Ausnahmezustand

  • Biden sagt Ukraine weitere Waffen im Wert von bis zu 800 Millionen Dollar zu

  • Human Rights Watch: Gräueltaten von Butscha wohl Kriegsverbrechen

  • Baerbock fordert von Putin: Evakuierung von Mariupol ermöglichen

  • Moskau meldet volle Kontrolle über Mariupol

+++ Selenskyj hält besetztes Mariupol nicht für komplett verloren +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält die nach Kremlangaben nun von Russland kontrollierte Hafenstadt Mariupol noch nicht für komplett verloren. «Die Situation ist schwierig, die Situation ist schlecht», sagte der Staatschef am Donnerstag Journalisten örtlichen Medien zufolge in Kiew. Es gebe mehrere Wege, die Stadt zu befreien.

«Es gibt einen militärischen Weg, auf den man sich vorbereiten muss, und wir bereiten uns vor», sagte Selenskyj. Dazu brauche es die Hilfe westlicher Partner. «Für uns selbst ist es schwierig, wir brauchen entsprechende Waffen, doch denken wir darüber nach», meinte er. Ein anderer Weg sei ein diplomatischer, humanitärer.

Kiew habe Moskau bereits mehrere Varianten vorgeschlagen, darunter einen Austausch von «Verwundeten gegen Verwundete». «Dort gibt es über 400 Verwundete in dieser Zitadelle. Das sind nur die Soldaten.» Es gebe ebenfalls verletzte Zivilisten. «Vor uns liegen entscheidende Tage, die entscheidende Schlacht um unseren Staat, um unser Land, um den ukrainischen Donbass», betonte Selenskyj.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gibt sich weiter kämpferisch. (Bild: European Council/Pool/Anadolu Agency via Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gibt sich weiter kämpferisch. (Bild: European Council/Pool/Anadolu Agency via Getty Images)

+++ Scholz soll Verteidigungsausschuss über Waffenlieferungen berichten +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll bei der nächsten Sitzung des Verteidigungsausschusses persönlich über Waffenlieferungen an die Ukraine berichten. «Es würde mich sehr freuen, wenn Ihr Terminkalender die Teilnahme ermöglichen könnte», heißt es in einem an den Kanzler gerichteten Schreiben der Ausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann, das der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Die Dramatik des Krieges in der Ukraine «steigert sich von Tag zu Tag», schreibt die FDP-Politikerin.

«Die Lage in der Stadt Mariupol und das unendliche Leid der dort eingeschlossenen Zivilisten führen uns die Brutalität der Kriegsführung durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin eindrücklich vor Augen», so Strack-Zimmermann. «Die Frage danach, welchen Beitrag Deutschland und insbesondere die Bundeswehr in Bezug auf Waffenlieferungen tatsächlich leisten kann, ist für die Menschen in der Ukraine existenziell.»

+++ Litauen liefert schwere Mörser an Ukraine und verlängert Ausnahmezustand +++

Die Ukraine hat aus Litauen schwere Mörser als Militärhilfe für den Krieg gegen Russland erhalten. Dies sagte der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Donnerstag der Agentur BNS. Nähere Angaben dazu machte er nicht. Weiter habe Kiew aus den Beständen der Armee des EU- und Nato-Landes Stinger-Flugabwehrraketen, Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen, Munition, Granaten, Maschinengewehre und -pistolen und andere Ausrüstung erhalten. «Es ist schwierig, alles aufzulisten. Vor einem Monat habe ich 35 Artikel verschiedener Art gezählt», sagte Anusauskas.

Zugleich verlängerte das Land den landesweiten Ausnahmezustand bis zum 29. Juni. Das Parlament des baltischen EU- und Nato-Landes stimmte am Donnerstag dem Beschluss der Regierung in Vilnius zu. Litauen hatte nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar umgehend einen mittlerweile bereits einmal verlängerten landesweiten Ausnahmezustand verhängt.

Die Sonderregelung ermöglicht es den Behörden, Fahrzeuge und Menschen im Grenzgebiet zu stoppen und zu durchsuchen. Auch der Schutz strategischer Objekte und Infrastruktur wird in diesem Zeitraum verstärkt, die Ausstrahlung von russischen oder belarussischen Radio- und Fernsehprogrammen ist untersagt. Öffentliche Veranstaltungen zur Unterstützung der russischen Invasion bleiben weiter verboten.

+++ Biden sagt Ukraine weitere Waffen im Wert von bis zu 800 Millionen Dollar zu +++

Die US-Regierung will der Ukraine weitere Waffen und Munition im Wert von bis zu 800 Millionen Dollar (rund 736 Millionen Euro) liefern, darunter auch Artillerie und Drohnen. Jeder Amerikaner könne stolz darauf sein, dass die Großzügigkeit der USA dazu beitragen würde, die Ukraine im Kampf gegen Russlands Aggression zu unterstützen, sagte US-Präsident Joe Biden in Washington. Biden kündigte an, dass das neue Paket unter anderem Dutzende Haubitzen und taktische Drohnen enthalten werde.

Die US-Regierung hatte erst in der vergangenen Woche ein 800 Millionen Dollar schweres Militärhilfe-Paket angekündigt. Die USA haben der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar mit der neuen Zusage bereits Waffen im Wert von mehr als 3,3 Milliarden US-Dollar zugesagt oder geliefert. Mit Blick auf die gefürchtete russische Großoffensive im Donbass sprach Biden von einem «kritischen Zeitfenster», in dem die «Weichen für die nächste Phase dieses Krieges» gestellt würden. Biden sagte außerdem, er habe den ukrainischen Regierungschef Denys Schmyhal getroffen.

Zudem hat die US-Regierung der Ukraine weitere 500 Millionen Dollar an wirtschaftlicher Hilfe versprochen. Die wirtschaftliche Unterstützung der USA für die Ukraine summiere sich damit auf eine Milliarde Dollar in den vergangenen zwei Monaten. Das Geld solle unter anderem helfen, die ukrainische Wirtschaft zu stabilisieren und Städte zu unterstützen, die durch den russischen Angriff verwüstet worden seien, sagte Biden.

US-Präsident Joe Biden. (Bild: Win McNamee/Getty Images)
US-Präsident Joe Biden. (Bild: Win McNamee/Getty Images)

+++ USA sperren ihre Häfen für russische Schiffe +++

Die US-Regierung sperrt ihre Häfen für russische Schiffe. Das bedeute, dass kein Schiff, das unter russischer Flagge fährt oder von russischen Interessen geleitet ist, in den Vereinigten Staaten anlegen dürfe, sagte US-Präsident Joe Biden in der US-Hauptstadt Washington. Dies sei ein weiterer Schritt, den die USA gemeinsam mit den internationalen Partnern gingen, so Biden. Russland sollten wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine die «Vorteile des internationalen Wirtschaftssystems» verwehrt bleiben. Auch etwa die Europäische Union hatte beschlossen, Schiffen unter russischer Flagge das Einlaufen in EU-Häfen zu verbieten.

+++ IOM: Jeder sechste in der Ukraine durch Krieg intern vertrieben +++

In der Ukraine sind vor den Bomben- und Raketenangriffen nach neuen Zahlen der UN-Organisation für Migration (IOM) mehr als 7,7 Millionen Menschen auf der Flucht. Das entspricht 17 Prozent der Bevölkerung vor Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar, wie die IOM mitteilte. Allein im April hätten bis Ostern zusätzlich 600 000 Menschen aus ihren Wohnungen und Häusern fliehen müssen. Mindestens 60 Prozent von ihnen seien Frauen. Am Mittwoch war die Zahl der Menschen, die in die Nachbarländer geflohen sind, auf über fünf Millionen gestiegen.

Von den Vertriebenen wollen nach Angaben von IOM 15 Prozent innerhalb von zwei Wochen wieder in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren, vor allem in die Hauptstadt Kiew und nördliche Regionen.

+++ US-Verfahren zu Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge startet Montag +++

Die US-Regierung will ab dem Beginn der kommenden Woche das Verfahren zur Aufnahme von bis zu 100 000 ukrainischen Flüchtlinge starten. Geflüchtete aus der Ukraine bräuchten zur Aufnahme einen Bürgen in den USA, der sie unterstützen könne und einen Hintergrundcheck durchlaufen müsse, sagten hochrangige Regierungsbeamte in Washington. Das Programm richte sie somit vorrangig an Ukrainer mit Verbindungen in die USA. Wer in die Vereinigten Staaten kommen wolle, müsse unter anderem gegen eine Reihe von Krankheiten geimpft sein. Außerdem würden «biografische und biometrische» Kontrollen vorgenommen.

Die Regierungsbeamten betonten, die einzelnen Verfahren sollten so schnell wie möglich abgewickelt werden. Das Programm sei auch ein klares Signal an die europäischen Verbündeten, die eine historisch hohe Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine aufgenommen hätten. US-Präsident Joe Biden hatte bereits bei einem Besuch im März in Brüssel angekündigt, dass die USA bis zu 100 000 Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen wollen. Nun stellte die Regierung die Details vor.

+++ Moskau wartet auf Antwort aus Kiew +++

Russland erwartet nach der Übergabe eines neuen ausformulierten Vorschlags für eine Beendigung des Krieges eine Antwort von der Ukraine. Der ukrainischen Delegation sei der Entwurf eines möglichen künftigen Dokuments übergeben worden, betonte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Er zeigte sich zugleich erstaunt über Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der am Vortag erklärt hatte, nichts gehört und gesehen zu haben.

«Das wirft auch gewisse Fragen auf, warum man Präsident Selenskyj nicht über unsere Textfassungen informiert», sagte Peskow. Er hatte Kiew zuletzt vorgeworfen, es an Einsatz bei den Verhandlungen fehlen zu lassen. «Wir warten weiter.»

+++ Estlands Parlament: Russland begeht Kriegsverbrechen und Völkermord +++

Im Beisein von mehreren ukrainischen Abgeordneten hat das estnische Parlament einstimmig eine Entschließung verabschiedet, in der Russland Kriegsverbrechen und Völkermord am ukrainischen Volk vorgeworfen werden. Die Volksvertretung des EU- und Nato-Landes in Tallinn verweist darin auf die festgestellten «systematischen und massiven Kriegsverbrechen» der russischen Armee wie etwa Mord, Folter und Vergewaltigung von ukrainischen Zivilisten. «Diese Verbrechen werden von Russlands politischer und militärischer Führung und seinen nationalen Propagandabehörden ideologisch angestiftet», hieß es in der Erklärung weiter.

Die ukrainische Abgeordnete Olena Schuljak sprach von einem historisch bedeutsamen Beschluss für die Ukraine. «Die Einstufung des Verbrechens als solches führt zu einer unwiderruflichen Verurteilung. Das beginnt bei den Tätern und endet bei Wladimir Putin persönlich», wurde die Vorsitzende der ukrainischen Präsidentenpartei «Diener des Volkes» in einer Parlamentsmitteilung zitiert. Demnach liege es in der gemeinsamen Verantwortung, alles zu tun, um den Völkermord zu stoppen und sicherzustellen, dass er sich nicht wiederholt.

+++ Sánchez erschüttert über russische Gräueltaten +++

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat sich bei einem gemeinsamen Besuch mit der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen in dem Kiewer Vorort Borodjanka erschüttert über die Lage vor Ort gezeigt. «Es macht betroffen, die Schrecken und die Gräueltaten von Putins Krieg auf den Straßen von Borodjanka zu sehen. Wir werden das ukrainische Volk nicht allein lassen», schrieb er auf Twitter. Anschließend trafen Sánchez und Frederiksen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammen.

In Borodjanka waren kurz zuvor nach ukrainischen Angaben zwei weitere Massengräber entdeckt worden. Einige von ihnen hätten Folterspuren aufgewiesen. Borodjanka gehört zu den am stärksten zerstörten Städten in der Hauptstadtregion. Aus der Stadt wurden Gräueltaten der mittlerweile abgezogenen russischen Einheiten gemeldet. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Frederiksen sprach vor dänischen Reportern von Kriegsverbrechen, die dokumentiert werden müssten. Dem Sender TV2 sagte sie, Dänemark werde der Ukraine weitere Waffen liefern. Welche, das ließ sie zunächst offen.

+++ Kiew: 19 Ukrainer bei Gefangenenaustausch mit Russland freigekommen +++

Die Ukraine hat über einen weiteren Gefangenenaustausch mit Russland informiert. «Heute haben wir 19 Leute nach Hause geholt, von denen zehn Soldaten und neun Zivilisten sind», teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk in sozialen Netzwerken mit. Unter den heimgekehrten ukrainischen Gefangenen gebe es Verwundete. Angaben zum Übergabeort und den ausgetauschten russischen Gefangenen machte sie nicht. Von russischer Seite lag zunächst keine Bestätigung vor.

Russland hat vor acht Wochen den Angriffskrieg gegen den Nachbarn begonnen. Kiew hatte erklärt, in der Zeit etwa 700 Gefangene gemacht zu haben. In den Händen Russlands und der Separatisten sollen sich nach russischen Angaben bereits mehrere Tausend Gefangene befinden.

+++ Human Rights Watch: Gräueltaten von Butscha wohl Kriegsverbrechen +++

Die mutmaßlich von russischen Soldaten begangenen Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha sind der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zufolge wohl als Kriegsverbrechen einzuordnen. Ermittler der Organisation hätten «umfangreiche Beweise für Hinrichtungen im Schnellverfahren, andere rechtswidrige Tötungen, Verschwindenlassen und Folter gefunden, die Kriegsverbrechen und potenzielle Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen würden», teilte HRW in New York mit.

«Fast jede Ecke in Butscha ist nun ein Tatort, und es fühlte sich an, als wäre der Tod überall», sagte HRW-Mitarbeiter Richard Weir. Die Beweise deuteten darauf hin, dass die mittlerweile abgezogenen russischen Streitkräfte, die Butscha besetzten, «das zivile Leben und die grundlegendsten Prinzipien des Kriegsrechts missachteten». Für ihre Ermittlungen befragten die Menschenrechtler 32 Bewohner der Stadt persönlich und fünf weitere per Telefon. Zudem wurden Beweise vor Ort dokumentiert, Fotos und Videos sowie Satellitenaufnahmen gesichtet.

+++ Baerbock: Stärker gegen russische Desinformation vorgehen +++

Außenministerin Annalena Baerbock will gemeinsam mit den baltischen Staaten noch stärker gegen Desinformationskampagnen aus Moskau vorgehen. Estland, Lettland und Litauen seien seit längerem besonders russischen Desinformationskampagnen ausgesetzt, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrer estnischen Amtskollegin Eva-Maria Liimets in Tallinn. Wegen ihres hohen russischsprachigen Bevölkerungsanteils würden die Balten-Staaten diese Herausforderung schon seit längerem angehen.

«Wir sind uns einig, dass wir das nicht nur nicht zulassen wollen, sondern dass wir uns gemeinsam dagegen stellen», sagte Baerbock. Dabei gehe es besonders um die Frage, wie sich freie und offene Gesellschaften gegen Informationskriege verteidigen könnten. Falsche Narrative müssten mit Fakten und eigenen Argumenten aus dem Weg geräumt werden. Propaganda dürfe nicht mit Gegenpropaganda entgegentreten werden, sondern «mit Transparenz, mit kritischer Öffentlichkeit, mit starken und freien Medien», betonte Baerbock.

Annalena Baerbock in Tallinn.
Annalena Baerbock in Tallinn. (Bild: REUTERS/Janis Laizans)

+++ Baerbock fordert von Putin: Evakuierung von Mariupol ermöglichen +++

Außenministerin Annalena Baerbock hat Russlands Präsident Wladimir Putin aufgefordert, die Evakuierung der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol zu ermöglichen. «Es liegt in Putins Hand, diese Bombardierung dort entsprechend einzustellen und zu stoppen», sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrer estnischen Amtskollegin Eva-Maria Liimets in der Hauptstadt Tallinn. «Die Lage ist nicht nur hochdramatisch, sie ist kaum zu ertragen.»

Baerbock sagte, die Bundesregierung arbeite mit internationalen Partnern und dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes mit Hochdruck daran, deutlich zu machen: «Die Menschen müssen die Stadt verlassen können. Die russische Bombardierung der Strecken und der Wege, die muss eingestellt werden, damit unschuldige Menschen in Sicherheit gebracht werden können.» Die Lage zeige, «mit welcher Brutalität die russische Regierung diesen Krieg führt, nämlich einen Krieg gegen unschuldige Menschen als Krieg gegen Zivilbevölkerung». Mariupol solle ausgeblutet und ausgehungert werden.

+++ Moskau meldet volle Kontrolle über Mariupol +++

Das russische Militär hat nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu die umkämpfte südostukrainische Hafenstadt Mariupol unter seine Kontrolle gebracht. Das teilte Schoigu bei einem mit Kremlchef Wladimir Putin im Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit. «Die verbliebenen ukrainischen Kampfeinheiten haben sich auf dem Industriegelände der Fabrik Azovstal verschanzt», sagte Schoigu.

Präsident Putin ordnete an, das Stahlwerk nicht zu stürmen. Ein entsprechender Befehl solle zurückgenommen werden. Die Kämpfer in den Katakomben sollten die Waffen niederlegen. «Die russische Seite garantiert ihnen das Leben», sagte Putin. Er sprach von einem Erfolg und der «Befreiung Mariupols» und ordnete an, die beteiligten Militärs auszuzeichnen. «Sie sind alle Helden», sagte Putin.

Nach Darstellung Schoigus sind die ukrainischen Einheiten vollständig blockiert. Der Minister sagte, dass die Fabrik in drei bis vier Tagen ebenfalls eingenommen werden solle. Dort seien auch ausländische Söldner. Über die angebotenen humanitären Korridore habe niemand das Werk verlassen, sagte der Minister. Zuvor hatte die ukrainische Seite Verhandlungen vorgeschlagen über das Schicksal der Kämpfer und die Rettung von Zivilisten, die in dem Werk Zuflucht gesucht hätten.

+++ Morawiecki will mit Scholz über Waffenlieferungen an Ukraine sprechen +++

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki will Kanzler Olaf Scholz (SPD) von der Notwendigkeit überzeugen, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Er werde Scholz kontaktieren und ihm klarmachen, dass dies ein Wendepunkt in der Geschichte Europas und der Welt sei, sagte Morawiecki in der Nähe von Warschau. Die Ukrainer brauchten etwas, womit sie sich verteidigen könnten. «Deshalb ist es notwendig, ihnen Munition und auch schweres Gerät zu geben. Hier ist die zweideutige Haltung Deutschlands sicherlich nicht hilfreich.» Er wolle mit Scholz reden, um diese Haltung zu ändern.

+++ Behandlung von 42 Kriegsverletzten in Deutschland +++

Das Lagezentrum beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat seit Beginn des russischen Angriffs die Behandlung von insgesamt 42 Patienten aus der Ukraine in Deutschland organisiert. Das teilte eine Sprecherin der Bonner Behörde der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Betroffenen wurden nach dem sogenannten Kleeblatt-Prinzip innerhalb Deutschlands verteilt - also auf die Regionen, in denen gerade ausreichend Kapazitäten vorhanden sind.

Der Großteil der mit Unterstützung des Gemeinsamen Melde- und Lagezentrums des Bundes und der Länder geplanten Transportflüge sei von der Bundeswehr durchgeführt worden, teilte die Sprecherin mit. Am Transport von Patientinnen und Patienten sowie von Begleitpersonen aus der Ukraine hätten sich zudem die ADAC Luftrettung, der Malteser Hilfsdienst, die Luftrettung der Johanniter-Unfall-Hilfe, das Deutsche Rote Kreuz und die DRF Luftrettung beteiligt.

+++ Polens Grenzschutz zählt fast 2,9 Millionen Einreisen aus Ukraine +++

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben sich fast 2,9 Millionen Menschen von dort ins Nachbarland Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische Grenzschutz auf Twitter mit. Am Mittwoch kamen rund 22 300 Flüchtlinge - ein Rückgang um 11 Prozent im Vergleich zum Tag zuvor.

Ebenso viele Menschen (22 300) überquerten am selben Tag die Grenze Richtung Ukraine. Insgesamt sind seit Beginn des Krieges am 24. Februar 779 000 Menschen von Polen aus in die Ukraine eingereist. Dabei handelte es sich nach Angaben der Behörden zum Großteil um ukrainische Staatsbürger. Sie reisen meist in Gebiete, die die ukrainische Armee zurückerobert hat. Es gibt keine offiziellen Angaben, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele in andere EU-Staaten weitergereist sind.

+++ Gauck sieht Deutschland vor Zeitenwende - Energieboykott kein Tabu +++

Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine hat sich Alt-Bundespräsident Joachim Gauck gegen Denktabus in der Frage eines sofortiges Boykotts russischer Energielieferungen ausgesprochen. Wäre es wirklich unzumutbar, wenn «wir dadurch eine Delle hätten und sechs Prozent Arbeitslosigkeit», fragte das ehemalige Staatsoberhaupt auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund am Tegernsee. Er zweifele an den Mahnungen, dass es sofort zu sozialen Unruhen komme.

Politik und Gesellschaft müssten sich nicht nur die Frage nach dem wirtschaftlichen Wohlstand stellen, sondern auch Fragen, was die Folgen seien, «wenn wir nicht solidarisch sind», sagte Gauck. Er zeichnete in seinen Ausführungen ein Bild der Deutschen als ängstliche Nation, als ein Land, das weniger seinen Werten verpflichtet zu sein scheint als der Furcht vor Despoten wie Wladimir Putin. Dies sei aber «keine zukunftsfähige Haltung», betonte er. Es brauche daher einen offenen Diskurs, «welches Deutschland wir sein wollen». Die kollektive Identität des Volkes stehe vor einer Zeitenwende.

Das Industriegelände der Fabrik Azovstal
Das Industriegelände der Fabrik Azovstal, auf dem sich die verbliebenen ukrainischen Kampfeinheiten verschanzt haben sollen. (Bild: REUTERS/Alexander Ermochenko)

+++ Ukraine fordert humanitären Korridor für Mariupol +++

Die ukrainische Regierung hat von Russland für das eingekesselte Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol einen humanitären Korridor gefordert. «Dort befinden sich gerade etwa 1000 Zivilisten und 500 verwundete Soldaten. Sie müssen alle heute aus Azovstal herausgeholt werden!», schrieb Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk im Nachrichtenkanal Telegram.

Sie rief «die Welt» dazu auf, alle Anstrengungen jetzt auf das Stahlwerk zu konzentrieren. «Das ist jetzt der Schlüsselpunkt und der Schlüsselmoment für die humanitären Bemühungen», betonte Wereschtschuk.

+++ Mehr als 366 000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland +++

Acht Wochen nach Beginn des russischen Angriffs erreichen immer noch jeden Tag mehr als 2000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Deutschland. Wie das Bundesinnenministerium bei Twitter mitteilte, hat die Bundespolizei seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar die Ankunft von 366 304 Flüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland festgestellt. Bei den Geflüchteten handelt es sich hauptsächlich um Frauen, Kinder und alte Menschen.

Die genaue Zahl der Menschen aus der Ukraine, die hierzulande Zuflucht gesucht haben, ist jedoch derzeit nicht bekannt, denn in der Regel gibt es keine stationären Kontrollen an den EU-Binnengrenzen und Ukrainer können für 90 Tage ohne Visum einreisen. Auch über eine mögliche Weiterreise in ein anderes EU-Land oder eine Rückkehr von nach Deutschland geflüchteten Menschen in die Ukraine liegen keine verlässlichen Daten vor.

+++ Russisches Militär meldet Einnahme ukrainischer Befestigungsanlage +++

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die Kleinstadt Kreminna im Osten der Ukraine eingenommen, die zuvor von der ukrainischen Armee in eine Befestigungsanlage verwandelt worden war. «Durch schneidiges und aufeinander abgestimmtes Handeln der Sturmtruppen ist es gelungen, schwere Zerstörungen von Objekten der städtischen Infrastruktur zu vermeiden», teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit.

Von unabhängiger Seite konnten diese Berichte nicht überprüft werden. Allerdings hatte es in den Tagen zuvor auch schon von ukrainischer Seite Berichte gegeben, dass die Stadt Kreminna gefallen sei.

+++ Deutschland bereitet Ringtausch für Waffenlieferungen vor +++

Die Bundesregierung bereitet einen Ringtausch für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine vor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll dabei der östliche Nato-Partner Slowenien eine größere Stückzahl seiner T-72-Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten.

Das noch aus der Sowjetzeit stammende Waffensystem T-72 wird vom ukrainischen Heer bereits eingesetzt und erfordert keine umfangreiche Zusatzausbildung. Nach Informationen der dpa aus Regierungskreisen hat Slowenien als Kompensation auch moderneres Gerät aus Deutschland angefordert, darunter den deutschen Kampfpanzer Leopard 2, den Radpanzer Boxer sowie den Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr als Nachfolger des seit 50 Jahren genutzten Marder eingeführt wird.