"Es ist eine Zumutung": Lauterbach attackiert bei Maischberger Impfverweigerer

Das Scheitern der allgemeinen Impfpflicht bezeichnet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als "enttäuschende Erfahrung". (Bild: ARD)
Das Scheitern der allgemeinen Impfpflicht bezeichnet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als "enttäuschende Erfahrung". (Bild: ARD)

Auch wenn die bundesweite Inzidenz noch bei über 500 liegt, hat die Corona-Pandemie für viele ihren Schrecken verloren. Aber bleibt das auch so? Karl Lauterbach ordnete bei "maischberger. die woche" die derzeitige Lage ein, bedauerte das Aus der Impfpflicht - und hatte eine Nachricht an Impfverweigerer in petto.

Über weite Strecken der Corona-Pandemie kam man an Karl Lauterbach nicht vorbei. Der Experte baute sich einen Ruf als Mahner auf und war in TV-Polittalks von "Markus Lanz" bis "Maybrit Illner" quasi omnipräsent. Im dritten Corona-Sommer gestaltet sich die Lage trotz bundesweiter Inzidenz von über 500 anders: Durch die im Schnitt weniger schweren Verläufe der Omikron-Variante scheint die Pandemie ihren Schrecken verloren zu haben. Nach längerer Talk-Abstinenz meldete sich der Gesundheitsminister am Dienstagabend jedoch einmal wieder zu Wort - bei "maischberger. die woche".

Anders als noch vor einem Jahr, als Dinge wie die Hospitalisierungsrate Lauterbach in Alarmbereitschaft versetzten, beschäftigen den Gesundheitspolitiker momentan eher Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner der FDP. Im Zusammenhang mit der Kontroverse um die Ex-Post-Triage, also den Behandlungsabbruch bei Patienten mit geringer Überlebenschance, stört sich der SPD-Mann an Indiskretionen: "Heute ist es so, dass Verhandlungsstände, die noch nicht öffentlich sind, sofort durchgestochen werden."

Am Dienstagabend hatte Sandra Maischberger in ihrem ARD-Polittalk Karl Lauterbach zu Gast. (Bild: ARD)
Am Dienstagabend hatte Sandra Maischberger in ihrem ARD-Polittalk Karl Lauterbach zu Gast. (Bild: ARD)

Gesundheitsminister bedauert Ablehnung der Impfpflicht

Der Vorschlag sei ursprünglich von FDP-Justizminister Marco Buschmann gemacht worden. Lauterbach versicherte, er habe sich dagegen ausgesprochen und beklagte die öffentliche Wahrnehmung: "Trotzdem interessieren sich die Leute nur dafür, dass es mal einen Vorschlag gegeben hat, wo es noch vorgesehen war. Das ist auch nicht richtig." Allen Querelen zum Trotz scheint Lauterbach seinen Humor nicht verloren zu haben, stellte er doch augenzwinkernd fest: "Als Berater musste ich mich mit der FDP nicht einigen. Daher hatte ich mehr Spielräume."

Diese Spielräume hätten ihm auch bezüglich der gescheiterten Impfpflicht gefehlt, bedauerte Lauterbach. Ein Alleingang sei nicht möglich gewesen: "Das kann ich in einer Koalition nicht machen, wo ich mich mit anderen Partnern einigen muss." Dass die Abstimmung im Bundestag gegen die Impfpflicht ausging, sei "eine enttäuschende Erfahrung gewesen". Von der Wirksamkeit einer allgemeinen Impfpflicht zeigte sich der 59-Jährige weiter überzeugt: "Wir hätten es uns allen leichter gemacht für den Herbst, wenn wir das erreicht hätten."

Lauterbach warnt vor "katastrophaler Entwicklung" in China

Einig seien die FDP und er sich auch bei der Beschlussfindung rund um die Anti-Corona-Beschlüsse nicht immer gewesen. Der FDP seien Freiheitsrechte sehr wichtig, Lauterbach plädiere für einen weniger radikalen Weg: "Ich bin da vorsichtiger, ich möchte die Bevölkerung gut schützen." Über Menschen, die weiterhin im Supermarkt Maske tragen, freut sich der Gesundheitsminister, er nannte es "die Freiwilligkeit der Vernünftigen": "Bei diesen Menschen möchte ich mich an dieser Stelle bedanken."

Nach wie vor kein Verständnis bringt der Epidemiologe für Impfverweigerer auf. "Es ist eine Zumutung, dass wir all dies machen müssen, um die zu schützen, die sich nicht impfen lassen wollen", konstatierte Lauterbach im Hinblick auf mögliche neue Corona-Maßnahmen im Herbst. Dahingehend sei eine gute Vorbereitung unabdingbar, und diese dürfe nicht nur Aufgabe der Expertenkommission sein, die derzeit eine Beurteilung über die ergriffenen Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie vornimmt. "Es wäre fahrlässig, wenn man sich auf eine Kommission, in der zwei Virologen sind, alleine verlassen würde", warnte Lauterbach und verwies auf "qualitativ hochwertige Studien" und den Expertenrat.

Ein kurzer Blick nach China, wo die Regierung weiter an der rigorosen Null-Covid-Strategie festhält, ließ den Gesundheitsminister zu dem knallharten Urteil kommen: "Das ist ein Rennen, das nicht gewonnen werden kann. Das wird zu keinem guten Ende führen." Gleichzeitig wies er auf die schwierige Lage in China hin. Das Zusammenspiel von geringer Impfquote und wenig wirksamen Impfstoffe könne eine "katastrophale Entwicklung" nach sich ziehen. "Es würden Millionen Menschen sterben", mutmaßte Lauterbach.