Selbstherrlich, selbstzufrieden und betriebsblind

“Riesige Enttäuschung und Totenstille”: deutsche Nationalspieler Neuer und Hummels nach dem K.o. gegen Südkorea
“Riesige Enttäuschung und Totenstille”: deutsche Nationalspieler Neuer und Hummels nach dem K.o. gegen Südkorea

Die deutsche Nationalmannschaft ist bei der WM krachend gescheitert. Aus Gründen, die auf der Hand liegen. Jetzt muss die Reset-Taste gedrückt werden. Wohl auch vom Bundestrainer. Ein Kommentar von Patrick Strasser aus Kasan.

Es war der beste DFB-Moment an diesem denkwürdigen Tag von Kasan. Nach dem 0:2 gegen Südkorea. Als das historisch schlechte WM-Aus perfekt war, sprach Thomas Müller: „Wir können jetzt keinerlei Kritik zurückweisen, stehen mit heruntergelassener Hose da.“ Nackt.

Entsetzen, nacktes Entsetzen, herrscht in Fußball-Deutschland über das Kollektivversagen dieser Mannschaft, der Weltmeister von 2014, die noch neun Mann stark in die Mission Titelverteidigung gestartet waren. Einzelne Spieler machten nicht den Eindruck, am Boden zerstört zu sein. Nur bei Müller, Süle und Kimmich waren Tränen zu sehen. Jenem Müller, der dem von 2014 höchstens noch optisch ähnelte.

Es wird Rücktritte geben

Wie überhaupt Neuer, Boateng, Hummels, Kroos, Khedira, Özil und eben Müller dem Anspruch eines Titelverteidigers nie gerecht wurden. Dieses Gerüst der Mannschaft, hat seine beste Zeit hinter sich, Brasilien 2014 wird sie immer miteinander verbinden. Doch müssen all diese Fast- und teils Über-Dreißiger nun Platz machen für eine neue Generation um Kimmich & Co.?

Es wird Rücktritte geben. Es muss einen Umbruch geben. Einen Neustart. Das System dieser Nationalelf hat sich einen Virus eingefangen namens Selbstherrlichkeit und Selbstzufriedenheit, man ist abgestürzt. Obwohl man es kommen sehen musste – was nicht geht, wenn man betriebsblind ist, von sich selbst berauscht. Jetzt bitte die Reset-Taste drücken.

Weiter, immer weiter – das ist vorbei

Dieser Impuls muss von Joachim Löw kommen. Der Bundestrainer hat viele Fehler gemacht bei diesem Turnier. Sein Coaching war insgesamt nicht gut. Und die gestellten Fotos von der Promenade in Sotschi, die suggerieren sollten, dass hier einer alles im Griff hat, waren total unangebracht. Sie passten auch gar nicht zu diesem eigentlich so bescheidenen Mann.

Macht Löw den Weg nun frei? Ist er noch der Richtige für die nächsten Jahre? Bei allen Verdiensten seiner Ära, in der die Nationalelf von 2008 bis 2016 immer mindestens das Halbfinale eines Turniers – mit der Krönung vor vier Jahren in Rio – erreichte, sollte er schlau genug sein, nun den Deckel draufzumachen. Damit würde er zusätzlich an Respekt und Ehre gewinnen. Weiter, immer weiter – gilt hier nicht. Nicht mehr.