Siegtor? Video-Wirbel bei Handball-WM

Es hatte zum Auftakt der Hauptrunde bei der Handball-WM schon nach einem Sieg für Portugal gegen Brasilien ausgesehen.

Nach zwei zähen Spielabschnitten erzielte das Überraschungsteam des Turniers 26 Sekunden vor Schluss das 28:27 - und erlaubte in der verbleibenden Zeit auch keinen Gegentreffer mehr. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-WM 2023)

Entsprechend groß war die Freude bei den Iberern, in deren umkämpften Gruppe am Ende schließlich jeder Punkt zählen kann. Doch das dicke Ende kam erst noch. (DATEN: Gruppen und Tabellen der Handball-WM)

Was war passiert? Quasi mit der Schlusssirene erhielten die Brasilianer tatsächlich noch einen Freiwurf. Die Südamerikaner wollten diese letzte Chance schnell ausspielen, um den direkten Freiwurf zu vermeiden, scheiterten allerdings am Block.

WM: Erst Videobeweis, dann Siebermeter - Kiko Costa bedient

Schluss, Aus und vorbei - dachten jedenfalls die meisten. Und auch die Schiedsrichterinnen vermittelten den Eindruck, als sei der Sieg für die Portugiesen um das Super-Talent Kiko Costa damit endgültig besiegelt.

Schiedsrichter-Entscheidung sorgt für Diskussionen

Doch nach einer kurzen Rücksprache gingen Charlotte und Julie Bonaventura zum Videobeweis. Warum, das blieb zunächst unklar, weil auch im Livebild keinerlei Wiederholung eingeblendet worden war.

Dann der Schock für den vermeintlichen Sieger Portugal: Das unparteiische Schwestern-Paar zeigten Alexis Borges die Rote Karte - und entschieden auf Strafwurf für Brasilien.

Die Verwunderung und der Frust bei Portugal war groß.

Eine Wiederholung zeigte jedoch, dass Borges bei der Ausführung des Freiwurfs den geforderten Abstand von drei Metern nicht eingehalten hatte. Und: Weil dieses Vergehen in den letzten 30 Sekunden stattgefunden hatte, erhielt der Routinier regelkonform die Rote Karte und der Gegner einen Siebenmeter.

WM: Portugal verspielt Sieg gegen Brasilien

Diesen Strafwurf verwandelte Jean Pierre Dupoix zum 28:28-Ausgleich - und sorgte bei den Portugiesen für lange Gesichter. „Ich bin sprachlos“, twitterte beispielsweise der portugiesische Sport-Journalist Leonardo Bordonhos.

Auch der Nationaltrainer Paulo Pereira war im Anschluss in Rage. „Der Abstand von 3-Metern in den letzten Sekunden ist eine Regel, die überprüft werden sollte, da die Verhältnismäßigkeit der Strafe nicht im Einklang mit der Möglichkeit steht, unter diesen Umständen ein Tor zu erzielen“, polterte er nach der Partie.

Er wurde sogar noch deutlicher: „Wir haben einen 9-Meter-Wurf und noch 6 Sekunden Zeit. Wie groß sind die Chancen, unter diesen Umständen ein Tor zu erzielen, vor allem, wenn die Spieler vor dem Tor stehen, selbst wenn die Barriere 3 Meter entfernt ist? Es ist sehr schwierig und die Strafe ist ein 7-Meter-Wurf.“

Sein Schützling Rui Costa schlug versöhnlichere Töne an. „Es ist ein schwer zu akzeptierendes Ergebnis“, erklärte er und ergänzte, „wir wussten, dass es ein schwieriges Spiel werden würde. Es war ein ausgeglichenes Spiel und es ist ein gerechtes Ergebnis, so sehr es uns auch schmerzt.“

Damit hat er nicht ganz Unrecht, denn die Portugiesen hätten allen Wirbel verhindern können, wären sie zuvor zu einer ähnlich überragenden Leistung wie gegen Ungarn imstande gewesen.

Doch selbst die bisher so starken Keeper Miguel Ferreira und Manuel Gaspar blieben diesmal vieles schuldig für die Südeuropäer, die sich nun gegen Kap Verde und Schweden deutlich steigern müssen, um in das WM-Viertelfinale einzuziehen.