Stadiondach statt Schiedsrichterin: Iranisches TV zensiert Premier-League-Spiel

Die Engländerin Sian Massey-Ellis ist seit über zehn Jahren auf dem höchsten Niveau als Schiedsrichterin aktiv, meist in der Premier League. (Bild: Marc Atkins/Getty Images)
Die Engländerin Sian Massey-Ellis ist seit über zehn Jahren auf dem höchsten Niveau als Schiedsrichterin aktiv, meist in der Premier League. (Bild: Marc Atkins/Getty Images)

Auch im Iran wird gerne die englische Premier League verfolgt. Doch bei dieser Partie zensierte der Staatssender die Bilder der Schiedsrichterin und zog sich damit öffentliche Kritik zu.

Die Begegnung Tottenham gegen Manchester United hatte eigentlich nichts besonders Auffälliges zu bieten. Der Tabellenzweite aus Manchester schlug den Tabellensiebten durch späte Tore mit 3:1. Es gab weder üble Platzverweise noch nackte Blitzer, die es den Zuschauern zu ersparen galt. Und doch schaltete das iranische Staatsfernsehen mehr als einhundert Mal weg vom Geschehen auf dem Platz und zeigte stattdessen das Stadiondach von außen.

Anlass für diese Zensur war Schiedsrichterin Sian Massey-Ellis. Denn die 35-Jährige trug ihre ganz normale Arbeitskleidung, zu der auch kurze Hosen gehören. Das war den staatlichen Zensoren offensichtlich zu aufreizend und so blendeten sie bei der Übertragung immer wieder Aufnahmen des Tottenham Stadions und der umgebenden Straßenzüge ein. Massey-Ellis ist seit über zehn Jahren in der englischen Premier League als Linienrichterin und Schiedsrichter-Assistentin aktiv. Bei der Begegnung PSV Eindhoven gegen Linzer ASK im Dezember 2019 schrieb sie Geschichte, weil sie als erste Engländerin bei einem Europa League Spiel assistierte.

Jose Mourinho begrüßt Sian Massey-Ellis bei der Partie seiner Tottenham Hotspurs gegen Manchester United. (Bild: REUTERS/Adrian Dennis)
Jose Mourinho begrüßt Sian Massey-Ellis bei der Partie seiner Tottenham Hotspurs gegen Manchester United. (Bild: REUTERS/Adrian Dennis)

"Zensur ist die DNA der Iranischen Republik"

"My Stealthy Freedom" eine Gruppe die sich gegen Diskriminierung im Iran einsetzt, schrieb daraufhin laut der englischen Daily Mail: "Die TV-Zensoren waren aufgerüttelt durch die Präsenz einer weiblichen Schiedsrichterin in Shorts." Nach dem Ende des Spiels habe einer der Kommentatoren sogar einen Witz darüber gemacht, dass die Zuschauer gewiss die geografischen Ausflüge genossen hätten. "Zensur ist die DNA der Iranischen Republik," erklärte die Aktivisten-Gruppe. "Wir sollten diese Praxis nicht normalisieren. Das ist nicht unsere Kultur, das ist die Ideologie eines repressiven Regimes."

Verpixeltes Roma-Wappen

Es ist nicht das erste Mal, dass das Staatsfernsehen ein Fußballspiel zensiert. Besonders bizarr war der Eingriff beim Champions League Viertelfinale zwischen dem FC Barcelona und AS Rom vor drei Jahren. Das Wappen der Römer wurde im iranischen Fernsehen durch Verpixelung unkenntlich gemacht.

Der Grund: Im Roma-Wappen ist die Wölfin zu sehen, die laut Legende die Stadtgründer Romulus und Remus an ihren Zitzen säugt. Auch im Jahr 2019 wurde angeblich eine Partie zwischen Bayern München und dem FC Augsburg nicht vom iranischen Staatsfernsehen übertragen. Die Leitung der Bundesliga-Begegnung hatte damals Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus.

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